Wahlanalyse zur Landtagswahl in Sachsen-Anhalt am 06.06.2021

Ebenso wie Drogen nicht alles im Leben sein sollten, ist natürlich auch Drogenpolitik nicht der einzige ausschlaggebende Punkt bei einer Wahlentscheidung. Der Wahl-O-Mat liefert einen Überblick über die Positionen der Parteien zu unterschiedlichen Themen. Erkundigt euch bei Interesse auch über kleinere Parteien, wir betrachten hier nur die größeren! Auf abgeordnetenwatch.de könnt ihr euch über die Politiker eures Wahlkreises informieren und ihnen Fragen stellen. Informiert euch und geht wählen!

Seid euch bewusst, dass die Möglichkeiten der Bundesländer begrenzt sind. Eine vollständige Legalisierung ist nur auf Bundesebene möglich. Die Bundesländer haben etwas Spielraum bei der “geringen Menge”, beim Führerscheinrecht, bei Modellprojekten und Drug-Checking.

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Was bisher geschah

Stärkste Partei im Kabinett Haseloff wurde 2016 die CDU. Die erstmals antretende AfD konnte mit 24,3 Prozent zweitstärkste Kraft werden. Die Grünen hatten mit 5,2 Prozent knapp die Hürde für den Einzug ins Parlament geschafft, während die FDP dies mit 4,9 Prozent knapp verpasste. Das Kabinett der Landesregierung unter Reiner Haseloff, dem seit 2011 amtierenden Ministerpräsidenten (CDU), wird von den drei Landtagsfraktionen der CDU, SPD und Bündnis 90/Die Grünen gebildet und ist damit eine sogenannte Kenia-Koalition.

Im aktuellen Koalitionsvertrag “Zukunftschancen für Sachsen-Anhalt – verlässlich, gerecht und nachhaltig” finden sich keinerlei Angaben zu den Themen Cannabis, Suchtberatung, Drogen oder Gesundheitsprävention bis auf die Aussage: “Wir wollen Projekte zur Prävention von Erkrankungen, […] und zu Suchtmittelmissbrauch und ­-abhängigkeit unterstützen”, welche jedoch nicht konkretisiert werden. Auch sonst hat sich während der gesamten letzten Legislaturperiode nichts bewegt. Es gibt kein Suchtpräventionsprogramm und lediglich einen Landespräventionsrat, dessen Aktivität sich weitestgehend auf Anti-Raucher-Werbekampagnen beschränkt. Es gibt unverändert gemäß § 31a BtMG eine Kann-Bestimmung zur Einstellung von Strafverfahren bei Eigenverbrauch mit einer Bruttomenge von nicht mehr als 6 Gramm.

Wahlprognose

Nach derzeitigem Wahltrend liegt die CDU trotz Verlusten noch ganz vorne mit knapp 26 Prozent, direkt gefolgt von der AfD. Mit jeweils rund 12 Prozent liegen Linke und Grüne etwas dahinter. Gute Chancen, die 5 Prozent Hürde zu überwinden, hat dieses Mal die FDP.

Laut der aktuellen Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen vom 12.05.2021 ist also eine weitere Kenia-Koalition möglich, doch mit der FDP könnte sich auch eine Schwarz-Rot-Gelbe Koalition ergeben. Bislang wollten sich die Parteien im Vorfeld nicht auf bestimmte Bündnisse festlegen und zunächst die endgültigen Wahlergebnisse abwarten.

Die SPD in Sachsen-Anhalt öffnet sich wie der Bundesverband gegenüber Modellprojekten. Sie setzte bislang im Landtag keine Impulse, bekennt sich im Wahlprogramm allerdings zur Legalisierung von Cannabis durch eine Bundesratsinitiative.

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Wenig überraschend hält auch die CDU in Sachsen-Anhalt weiterhin an ihrer gescheiterten Drogenpolitik fest und will den sogenannten “Krieg gegen Drogen” (-Konsumenten) offensichtlich fortführen.

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Von allen Parteien in Sachsen-Anhalt ist Die Linke deutlich am progressivsten. Sie zeigte sich im Landtag aktiv, zielt auch im Wahlprogramm auf die Legalisierung von Cannabis ab, will die Strafverfolgungsfreigrenze bei Besitz anheben und erklärt sich auch bei der Beantwortung unserer Wahlprüfsteine offen für eine aufgeklärte, moderne, liberale Drogenpolitik, die auf Prävention statt auf Kriminalisierung setzt.

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Die AfD war bei der letzten Wahl zweitstärkste Kraft und stärkste Oppositionspartei. Weder im Wahlprogramm noch an anderer Stelle fand je eine sachliche Auseinandersetzung mit Drogenpolitik statt. Wir haben keinen Anlass anzunehmen, dass die AfD in Sachsen-Anhalt von der sonstigen repressiven Linie der Partei abweicht und raten ausdrücklich von der Wahl ab.

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Die FDP hat in diesem Jahr gute Chancen in den Landtag einzuziehen. Obwohl das Wahlprogramm nur wenig zum Thema Drogenpolitik enthält, spricht sich der Landesverband für eine bundesweite regulierte Freigabe aus und steht auch anfänglichen Modellversuchen offen gegenüber.

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Die Grünen haben sich zwar im Landtag in den letzten Jahren nicht stark zum Thema Drogenpolitik eingebracht, verfolgen jedoch in ihrem Programm einen Kurs in Richtung Modellprojekte auf Landesebene und auf Basis des geplanten bundesweiten Cannabis-Kontrollgesetzes eine regulierte Abgabe in lizensierten Shops durch geschultes Personal.

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Laut den aktuellen Umfragewerten ist eine Weiterführung der Kenia-Koalition denkbar. Rein rechnerisch könnte es erstmals im Land auch eine Parlamentsmehrheit aus CDU, SPD und FDP geben.

Bei CDU und AfD muss mit einer Fortführung des repressiven Kurses gegen Cannabisnutzer gerechnet werden. Dies geht auch sehr deutlich aus den Antworten der CDU auf die Wahlprüfsteine hervor. Die AfD hält es grundsätzlich nicht für nötig, sich mit dem Thema zu befassen. Daher sind beide Parteien keine gute Wahl.

Die FDP zeigt sich zumindest bei der Beantwortung unserer Fragen willens, eine evidenzbasierte Drogenpolitik anzustreben, Eine konkrete Umsetzungsmöglichkeit und Liberalisierung wird im Wahlprogramm aber bislang nicht angegangen.

Die SPD Sachsen-Anhalt fordert im Wahlprogramm Entkriminalisierung, Modellprojekte und auch die Legalisierung, die sie mit einer Bundesratsinitiative voranbringen will. Mit diesem klaren Bekenntnis zur Legalisierung geht sie über das Programm der Bundes-SPD und das der meisten anderen SPD-Landesverbände hinaus. Bei Fragen zur konkreten Ausgestaltung solcher Maßnahmen wird auf die Bundesebene verwiesen. Fachwissen im Detail findet man eher bei Grünen und Linken, Beispiel Führerschein. Wie ernsthaft die SPD ihre insgesamt erfreulichen Positionen verfolgt, wird sie erst noch beweisen müssen. Im Rahmen der Kenia-Koalitionsverhandlungen hatte sie keine Reformen durchgesetzt und war daraufhin an den Stillstand der Union gebunden.

Das gilt auch für die Grünen. Sie werden aber in ihrem Wahlprogramm am konkretesten und bringen konstruktive Positionen für eine realistische Umsetzung einer Regulierung von Cannabis ein. Mit dem Verweis auf das Cannabis-Kontrollgesetz auf Bundesebene positionieren sie sich eindeutig pro Legalisierung.

Die Linke beweist mit ihren Antworten auf unsere Wahlprüfsteine, dass sie sich inhaltlich intensiv mit Legalisierung und Prävention auseinandergesetzt hat. Auch das Wahlprogramm zeugt von differenzierten und sinnvollen Ansätzen für eine liberale Drogenpolitik, die konkret bestehende Missstände bearbeitet und dabei folgerichtig auch die Legalisierung von Cannabis sowie Prävention und Aufklärung berücksichtigt. Anders als Grüne und SPD war die Linke nicht an eine Koalition mit der CDU gebunden und hat diesen Vorteil genutzt. Sie hat sich als einzige Fraktion mit Initiativen für eine Reform der Cannabispolitik im Parlament eingesetzt.

Sagt den Parteien eure Meinung!

Was auch immer ihr wählt, teilt den Parteien eure Meinung mit!

Nun der vielleicht wichtigste Hinweis zum Schluss: Wenn euch Cannabispolitik am Herzen liegt, solltet ihr den Parteien mitteilen, warum ihr sie gewählt oder nicht gewählt habt. Das erhöht das Gewicht einer einzelnen Stimme enorm! Es reicht eine kurze Nachricht wie:

LINKE, Grüne, FDP, SPD:

Ich habe Ihnen diesmal meine Stimme gegeben, weil Sie sich für die Legalisierung von Cannabis einsetzen. Ich erwarte von Ihnen, dass Sie das Thema die nächsten vier Jahre auch voranbringen!

AfD, CDU:

Ich hätte mir vorstellen können, Sie dieses Jahr bei der Landtagswahl zu wählen, habe aber wegen ihrer repressiven Drogenpolitik davon Abstand genommen.

Hier die passenden E-Mail-Adressen der Parteizentralen: