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Georg Wurth bei der Anhörung: “Zugang zu medizinischem Cannabis für alle betroffenen Patientinnen und Patienten ermöglichen”

Am 09.05.2012 fand im Marie-Elisabeth-Lüders-Haus die 75. Sitzung des Ausschusses für Gesundheit des Deutschen Bundestages statt. Auf der Tagesordnug stand die Öffentliche Anhörung zum Antrag der Abgeordneten Dr. Harald Terpe, Birgitt Bender, Maria Klein-Schmeink, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN “Zugang zu medizinischem Cannabis für alle betroffenen Patientinnen und Patienten ermöglichen”, BT-Drucksache 17/6127. Hier die Fragen an und die Antworten von Georg Wurth, der als Sachverständiger geladen war. Das gesamte Protokoll der Anhörung gibt es hier (PDF).

Abg. Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich habe eine Frage an den Deutschen Hanfverband. Können Sie uns von Fällen berichten, wo Patienten strafverfolgt wurden, weil sie sich Cannabis zur Selbstmedikation beschafft haben?

SV Georg Wurth (Deutscher Hanfverband (DHV)): Ich möchte Ihnen kurz schildern, was auf dem illegalen Markt passiert. Es wurde bereits mehrfach gesagt, dass die Versorgung über den illegalen Markt als Medikation nicht brauchbar ist, aber genau das passiert. Die Betroffenen machen die Erfahrung, dass ihnen der illegal beschaffte Stoff vom Schwarzmarkt oder aus dem Eigenanbau hilft. Und sie haben kaum eine andere Alternative. Weder Dronabinol noch die Medikation über eine Ausnahmegenehmigung werden erstattet. Eine Genehmigung durch das BfArM wird nur in Ausnahmefällen erteilt. Also haben die Betroffenen im Prinzip keine Chance, legal an Cannabis zu kommen und sind auf die illegale Versorgung angewiesen.

Ich habe dazu einige Beispiele mitgebracht: Ein Aids-Patient in Bayern, der mit 15,5 Gramm Cannabis erwischt wurde, um es gegen Nervenschmerzen und Appetitlosigkeit einzusetzen, hat dafür eine Geldstrafe von 1.350 Euro bekommen. In vielen Fällen wird die Strafe bei medizinischer Verwendung reduziert, aber es wird bestraft. Die aus medizinischen Gründen konsumierenden Betroffenen führen in der Regel größere Mengen ein oder bauen mehr an als der Durchschnittskonsument, da sie, je nach Krankheit, durchschnittlich mehr konsumieren.

Ein weiteres Beispiel: Ein Betroffener, der ein Kilo Hasch aus den Niederlanden einführte, da er, durch Atteste belegt, aufgrund eines Rückenleidens unter ständigen Schmerzen litt, der austherapiert war und schwere Schäden an Leber und Nieren aufwies und dem nachweislich Cannabis half, wurde zu 30 Monaten Gefängnis verurteilt. Ein Morbus-Crohn-Patient wurde wegen der Einfuhr von 200 Gramm zu zwei Jahren Gefängnis und drei Jahren Bewährung verurteilt, nachdem er seit vielen Jahren Cannabis medizinisch erfolgreich eingesetzt hatte.

Ein weiterer Betroffener wurde zu acht Monaten auf Bewährung wegen Eigenanbau verurteilt. Er hatte Cannabis auf ärztliche Empfehlung gegen Depressionen und gegen eine vorherige Heroinabhängigkeit genutzt. Das Antragsverfahren beim BfArM war noch anhängig.