|

Georg Wurth bei der Anhörung: “Gesundheitliche Risiken des Drogengebrauchs verringern – Drugchecking ermöglichen”

Am 28.09.2011 fand im Marie-Elisabeth-Lüders-Haus die 50. Sitzung des Ausschusses für Gesundheit des Deutschen Bundestages statt. Auf der Tagesordnug stand die Öffentliche Anhörung zum Antrag der Abgeordneten Dr. Harald Terpe, Birgitt Bender, Katrin Göring-Eckardt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN “Gesundheitliche Risiken des Drogengebrauchs verringern – Drugchecking ermöglichen”, BT-Drucksache 17/2050. Hier die Fragen an und die Antworten von Georg Wurth, der als Sachverständiger geladen war. Das gesamte Protokoll der Anhörung gibt es hier (PDF).

Abg. Frank Tempel (DIE LINKE.): Der Deutsche Hanfverband ist hier vertreten. Da Cannabis auch in unserem Land sehr weit verbreitet ist, interessiert es mich, welche speziellen Besonderheiten im Bereich Cannabis beim Drugchecking zu beachten sind.

SV Georg Wurth (Deutscher Hanfverband (DHV)): Bei Cannabis stellt sich die Situation im Hinblick auf Streckmittel und Verunreinigungen etwas anders dar als bei synthetischen Drogen. Beim klassischen Drugchecking zum Beispiel von Ecstasypillen, gibt es eine Reihe von Substanzen, die man bereits kennt und deshalb auf ihr Vorhandensein testen kann. Bei den Beimischungen von Cannabis wird mittlerweile sehr viel experimentiert. Da werden Mischungen z.B. aus Zucker und Flüssigplastik aufgetragen. Das fällt den Konsumenten durch Abbrenn– und Aschetests auf und teilweise sind diese Beimischungen auch unter dem Mikroskop sichtbar.

Daher ist es beim Cannabis zumindest in der Anfangsphase, bis man bestimmte Muster von Streckmitteln kennt, notwendig, eine genauere Analyse unter dem Mikroskop vorzunehmen und gegebenenfalls entsprechende Abbrenntests durchzuführen, weil das Spektrum an Streckmitteln so groß ist, dass eine rein chemische Analyse in vielen Fällen nicht zielführend wäre.

[…]

Abg. Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die nächste Frage geht an den Deutschen Hanfverband. Es gibt die Behauptung, die Versorgungsrelevanz des Drugcheckings könne mangels Zahlen gar nicht abgeschätzt werden. Können Sie am Beispiel von Leipzig schildern, wie viele junge Cannabiskonsumenten sich wegen einer Bleivergiftung in stationärer Behandlung befunden haben und wie lange? Dies würde helfen, die Kosten etwas abzuschätzen.

SV Georg Wurth (Deutscher Hanfverband (DHV)): Die genauen Zahlen zur stationären Behandlung sind mir nicht bekannt, allerdings sind 2007 nach einem Bleistreckvorfall in Leipzig etwa 160 Personen aufgefallen, die erhöhte Bleiwerte hatten. 113 davon waren behandlungsbedürftig, einige auch stationär. Um die Kosten abschätzen zu können, muss berücksichtigt werden, dass die Betroffenen zum Teil jahrzehntelang Medikamente nehmen müssen, um das Blei aus dem Körper herauszufiltern. Das Blei wird in den meisten Fällen erst nach und nach aus den Knochen und dem Gewebe wieder ausgeschwemmt.

Ich möchte darauf hinweisen, dass es sich bei diesem Beispiel nur um die Spitze des Eisbergs handelt. Da ging es um ein paar Kilo, die in Leipzig mit Blei gestreckt wurden. Im Moment gehe ich davon aus, dass ein sehr großer Teil des Cannabis-Marktes mit verschiedensten Stoffen gestreckt wird. Dabei handelt es sich vielfach um Stoffe, die nicht so schnell auffallen und nicht so dramatische Auswirkungen haben wie das Blei, die aber schleichend Hunderttausende von Konsumenten vergiften. Ich gehe davon aus, dass dieses Jahr etwa 100 Tonnen gestecktes Cannabis auf dem Markt sind.