Die Linken (NRW 2022)

Bei unserem Wahlcheck betrachten wir die jeweiligen Wahlprogramme, die Antworten auf unsere Wahlprüfsteine sowie die parlamentarischen Aktivitäten in der vergangenen Legislaturperiode.

Programm

Das Wahlprogramm der Linken in NRW zum Thema Drogenpolitik ist sehr ausführlich und enthält vergleichsweise konkrete Forderungen zur Cannabislegalisierung. So enthält das Programm Forderungen nach einem THC-Grenzwert von 5,0 ng. Die Abgabe kontrolliert angebauter Cannabis-Produkte soll über staatlich lizenzierte Fachgeschäfte erfolgen. Außerdem will die Linke den Eigenanbau und Cannabis Social Clubs sowie ein schnelles Ende der Strafverfolgung. Die Partei fordert von der Landesregierung einen sachlichen Umgang mit legalen und illegalen Drogen. Darunter versteht sie, dass sich Aufklärungsprojekte an Schulen an der Lebenswirklichkeit von Schülern orientieren und ein Werbeverbot für Alkohol und Tabak. Landesweit sollen Drug-Checking, Substitutionsangebote und die Abgabe von Naloxon ermöglicht werden, außerdem Projekte für Spritzenautomaten und Drogenkonsumräume. Zudem enthält das Programm die Forderung nach einem Rechtsanspruch auf Diamorphinbehandlungen und flächendeckenden Vergabestellen.

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Auszug aus dem Programm

“Nüchtern aufklären, Cannabis legalisieren

Trotz der seit Jahrzehnten herrschenden Verbotspolitik sind auch illegale Drogen flächendeckend verfügbar. Wie die legalen Drogen Tabak, Alkohol und frei verkäufliche Medikamente werden auch illegale Substanzen gehandelt und konsumiert. Allerdings auf dem Schwarzmarkt, verbunden mit erheblichen zusätzlichen gesundheitlichen Risiken für die  Verbraucher:innen. Wir sind froh darüber, dass sich an der vorherrschenden Drogenpolitik immer mehr Zweifel breit machen und die Kritik lauter wird. Denn das Betäubungsmittelstrafrecht erfüllt nicht den Zweck einer Schutzfunktion. Vielmehr verursachen gerade die Illegalisierung diverser Substanzen und die Kriminalisierung der Konsument:innen erhebliche Probleme. Die (straf-)rechtlichen Konsequenzen und Kosten sowie die gesundheitlichen und sozialen Schäden stehen in keinem Verhältnis zu dem fraglichen Nutzen der Verbotspolitik. Drogenkonsum, erst recht übermäßiger, ist problematisch für die Verbraucher:innen und kann auch – zum Beispiel im Straßenverkehr – zum Risiko für andere werden. Das kann niemand bestreiten. Schließlich wird es uns tagtäglich von Alkoholkonsumierenden vor Augen geführt. Den Risiken und negativen Auswirkungen des Drogenkonsums kann man mit den Mitteln des Strafrechts und der Kriminalisierung allerdings in keiner Weise effektiv begegnen. Wir setzen uns für eine menschenwürdige Drogenpolitik ein, die präventiv, sachlich und glaubwürdig Aufklärung über die Wirkung und Risiken der unterschiedlichen Drogen leistet. Dies ist auch die Bedingung dafür, dass ein selbstverantwortlicher Umgang, also Drogenmündigkeit, entwickelt werden kann. Wenn Drogenkonsum problematische Formen annimmt, muss schnell, unkompliziert und bedarfsgerecht Hilfe geleistet werden können. Zu einer humanen und rationalen Drogenpolitik gehören neben Präventions- und Informationsangeboten vor allem akzeptanzorientierte und niedrigschwellige therapeutische Hilfen.

Was tun?

− Information und Aufklärung über Drogen an den nordrhein-westfälischen Schulen, welche die Lebenswirklichkeit von Schüler:innen nicht ignorieren

− Sachlicher Umgang mit legalen und illegalisierten Drogen durch die Landesregierung

− Verbot von Werbung für Alkohol und Tabak

Wirklich an der Zeit: Legalize it!

Die volkswirtschaftlichen Kosten der Cannabis-Prohibition werden von Ökonom:innen auf bundesweit 3 bis 4 Milliarden Euro geschätzt. Die Ausgaben für die Strafverfolgung belasten den Landeshaushalt enorm. Hinzu kommen die Steuereinnahmen, auf die durch die Kriminalisierung verzichtet wird. Ein staatlich regulierter Verkauf von Cannabis würde dagegen den kriminellen Vereinigungen, die heute am Verkauf verdienen, den Markt erheblich entziehen. Das Personal der Polizei würde weniger für unsinnige Aufgaben gebunden und könnte die Zeit nutzen, um Menschen vor Gewalt zu schützen oder Wirtschaftskriminalität zu verfolgen. Was tun?

− Strafverfolgung wegen Cannabis durch die Staatsanwaltschaften beenden

− Bundesinitiative aus NRW zur Legalisierung von Cannabis

− Als ersten Schritt in Richtung Legalisierung den Cannabis-Anbau zum Eigengebrauch und die Bildung von „Cannabis Social Clubs“ als Produzent:innen- und Konsument:innenvereinigungen erlauben

− Staatlich regulierte Verkaufsstellen (z. B. Drogenfachgeschäfte) für kontrolliert angebaute Cannabis-Produkte

Keine willkürliche Entziehung der Fahrerlaubnis

Nach Meinung des überwiegenden Teils entsprechender Expert:innen ist ein „analytischer Grenzwert“ von 1,0 ng/ml THC im Blutserum viel zu niedrig festgesetzt. In der Praxis bedeutet dies, dass jemand den Führerschein verliert, obwohl er/sie eben nicht unter der Wirkung von THC am Straßenverkehr teilgenommen hat! Denn ein Wert von 1,0 ng/ml THC im Blutserum wird häufig auch dann noch gemessen, wenn der letzte Konsum 10 bis 20 Stunden und länger zurückliegt und keine beeinträchtigende Wirkung mehr vorliegt. Auch ein hoher Carbonsäurewert (THC-COOH) lässt für sich allein keine Rückschlüsse auf die aktuelle Fahreignung zu und rechtfertigt keinen vorbeugenden Entzug der Fahrerlaubnis. Was tun?

− Den Grenzwert auf 5,0 ng/ml THC im Blutserum heraufsetzen

Hilfe statt Verfolgung und Ausgrenzung

Die Kriminalisierung von Drogengebrauch und Sucht verhindert Hilfe, treibt Betroffene in die Illegalität und bindet finanzielle und personelle Mittel. Stattdessen wollen wir eine menschliche und vernünftige Politik in diesem Themenfeld voranbringen.

Was tun?

− Neben Aufklärungsarbeit zu Ecstasy und Speed in NRW soll die Landesregierung mobiles wie stationäres, anonymes Drug-Checking ermöglichen.

− Rechtsanspruch auf Diamorphinbehandlung mit flächendeckenden Vergabestellen verwirklichen

− Sicherung und Verbesserung der Qualität einer flächendeckenden Substitutionsbehandlung, auch mittels Berücksichtigung und Umsetzung entsprechender wissenschaftlicher Erkenntnisse und Standards; konkret bedeutet dies unter anderem: Die Behandlung und Betreuung muss dem jeweiligen Hilfebedarf im Einzelfall entsprechen; die Betroffenen müssen vollständig über die Behandlung (Möglichkeiten, Verlauf, Regeln) informiert sein; das Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen muss gewahrt sein.

− Niedrigschwellige Abgabe von Notfall-Sets mit dem Medikament Naloxon, um bei akuten Überdosierungen von Opiaten Leben zu retten

− Die Drogenhilfe weiter ausbauen, insbesondere Projekte wie Spritzenautomaten sowie „Druckräume“ fortführen und weiterentwickeln.”

Antworten auf Wahlprüfsteine

Die Linke fordert, die „geringen Menge“ für Cannabis auf 15 Gramm zu erhöhen. Die Polizei soll instruiert werden konsequent von der Verfolgung abzusehen, “wenn keine klaren Hinweise auf weitere BtMG-Verstöße wie Handel oder Abgabe an Minderjährige bestehen”.

Im Bereich Führerscheinrecht setzt sie sich für einen Heraufsetzung des THC-Grenzwertes ein und ein sofortiges Ende von Besitzmeldungen der Polizei an Führerscheinstellen. Modellprojekten zur kontrollierten Cannabisabgabe steht die Linke positiv gegenüber, falls die bundesweite Legalisierung zunächst scheitern sollte.

In der kommenden Legislatur plant die Linke außergewöhnlich viele landesspezifische, progressive Projekte. Unter anderem will sich die Linke verstärkt für das stationäre und mobile Drug-Checking einsetzen und eine schnelle Entkriminalisierung vorantreiben. Die geplante Legalisierung begrüßt sie und will diese begleiten. Im Bundesrat will die Linke die Gesetze für eine Cannabislegalisierung unterstützen. Der private Eigenanbau ist für sie “ein zentraler Bestandteil jeder Legalisierung”. 

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Frage 1

Die bundesweit geplante Cannabislegalisierung dürfte wegen vieler Details noch etwas dauern. Wie stehen Sie dazu, die Entkriminalisierung im Vorfeld über Anhebung der “Geringen Menge” (§31a BtMG) u. konsequenter Einstellungsvorgabe für Staatsanwaltschaften voranzubringen?

Antwort

DIE LINKE steht für eine sofortige Erhöhung der „geringen Menge“ für Cannabis auf 15 Gramm und die Einführung geringer Mengen für andere häufig genutzte Betäubungsmittel. Dabei ist es wichtig, dass die Polizei eindeutig instruiert wird, beim Besitz dieser Mengen konsequent von einer Verfolgung abzusehen, wenn keine klaren Hinweise auf weitere BtMG-Verstöße wie Handel oder Abgabe an Minderjährige bestehen.

Frage 2

Nach §3 Abs. 2. BtMG kann eine Kommune oder ein Land eine Ausnahmegenehmigung für eine legale Cannabisabgabe, im wissenschaftlichen oder öffentlichen Interesse, beantragen. Wie stehen Sie zu Modellversuchen für eine kontrollierte Abgabe an Erwachsene, falls ein bundesweit regulierter Cannabismarkt scheitert?

Antwort

Da DIE LINKE für die Legalisierung von Cannabis kämpft, stehen wir natürlich auch Modellprojekten positiv gegenüber. In unseren Kreisverbänden gibt es von Mitgliedern der LINKEN immer wieder Bestrebungen, ein Modellprojekt zu beantragen. In NRW hat der drogenpolitische Sprecher unserer Bundestagsfraktion eine Mustervorlage zur Verfügung gestellt, um Lokalpolitiker zu ermutigen, ein Modellprojekt einzubringen:

https://www.kopofo-nrw.de/kommunalpolitische-datenbank/detail-kommunalpolitische-datenbank/news/mustervorlage-antrag-modellprojekte-cannabisfreigabe/

Leider hat das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) bislang alle Anträge zur Durchführung eines Modellversuchs zur kontrollierten Abgabe von Cannabis abgelehnt. Wir müssen also auch auf Bundesebene weiter für einen legalen Zugang zu Cannabis kämpfen. Wenn das nur über ein bundesweites Modellprojekt möglich ist, weil sich andere Parteien nicht mehr trauen, werden wir das auf jeden Fall mittragen. Allerdings glauben wir, dass es keines Modellprojekts mehr bedarf. Die Erfahrungen von Cannabislegalisierungen in US-Bundesstaaten und auch in Kanada oder Uruguay zeigen, dass Deutschland diesen Schritt auch gehen kann und muss.

Frage 3

Wie stehen Sie zur Qualitätskontrolle (Drug-Checking) von Substanzen wie Cannabis, z.B. auf Verunreinigungen durch synthetische Cannabinoide?

Antwort

Drug-Checking ist ein wichtiges Instrument zur Schadensreduzierung, das DIE LINKE deutschlandweit etablieren möchte

https://dserver.bundestag.de/btd/19/287/1928774.pdf

Vor allem solange Konsument*innen nur über illegale Märkte Zugang zu Substanzen wie Cannabis, aber auch Ecstasy, Kokain, Heroin etc. haben, sind sie einem hohen Risiko ausgesetzt, dass die Substanzen verunreinigt, gestreckt oder aufgepeppt sind. Bei Cannabis müssen Konsument*innen davor geschützt werden, dass sie unwissentlich synthetische Cannabinoide mitkonsumieren. Drug-Checking könnte hier Gewissheit über Inhaltsstoffe wie Wirkstoffgehalte bringen. Der beste Weg, solche Verunreinigungen zu verhindern, ist natürlich eine legale Produktion und damit einen legalen Zugang zu Cannabis zu ermöglichen.

Frage 4

Cannabiskonsumenten werden sowohl bei der Definition einer Rauschfahrt (THC Grenzwert) als auch bei der Überprüfung der Fahreignung (z.B. MPU-Anordnung) benachteiligt. Setzen Sie sich für eine Gleichbehandlung von Cannabis- und Alkoholkonsumenten im Straßenverkehr ein?

Antwort

enau das haben wir 2020 in einem Antrag gefordert, denn viele Konsument*innen trennen zwischen Konsum und Teilnahme am Straßenverkehr

https://dserver.bundestag.de/btd/19/176/1917612.pdf

Dass jemandem mit 1ng THC pro ml Blutserum eine Rauschfahrt unterstellt wird, ist so realitätsfern. Der Konsum liegt dann manchmal schon mehrere Tage zurück. Daher fordern wir in Anlehnung an die vorgeschlagenen THC-Grenzwerte des Deutschen Hanfverbandes, dass ohne rauschmitteltypische Ausfallerscheinungen erst ab einer THC-Konzentration von 10 ng/ml Blutserum eine Ordnungswidrigkeit (§ 24a StVG) vorliegt – das entspräche der Regelung der 0,5 Promillegrenze. Zugleich soll ein THC-Grenzwert von 3,0 ng/ml Blutserum festgelegt werden, unterhalb welchem eine relative Fahruntüchtigkeit ausgeschlossen werden kann. Wir brauchen dringend neue THC-Grenzwerte im Straßenverkehr, damit künftig nüchterne Fahrer*innen nicht mehr ihren Führerschein wegen ihres Cannabiskonsums verlieren.

Frage 5

Der reine Besitz von Cannabis – ohne einen Bezug zum Straßenverkehr – wird häufig von der Polizei an die Führerscheinstellen gemeldet. Wie wird dies in Ihrem Bundesland gehandhabt und wollen Sie an dieser Praxis festhalten?

Antwort

Keinesfalls. Diese Praxis muss dringend beendet werden. Das ist ja in etwa so, als wird man mit einem Bier in der Tasche kontrolliert und deswegen würde die Fahrtauglichkeit in Frage gestellt werden. Das ist völlig absurd. Die meisten Cannabiskonsument*innen trennen zwischen Konsum und Teilnahme am Straßenverkehr. Es ist eine Bestrafung durchs Hintertürchen, wenn die Ermittlung wegen des Besitzes einer geringen Menge eingestellt wird, aber dann der Führerschein entzogen wird. Das ist mit unserem Strafrechtsprinzip eigentlich nicht vereinbar!

Frage 6

Welche drogenpolitischen Initiativen gab es von Ihrer Fraktion in der aktuellen Legislaturperiode? (Bitte listen Sie Anträge, Anfragen etc. konkret und mit Link auf, damit wir Ihre parlamentarische Arbeit besser einschätzen können!)

Antwort

DIE LINKE ist in der aktuellen Legislaturperiode nicht im NRW-Landtag vertreten. Ein Blick auf die Aktivitäten unserer Fraktion im Deutschen Bundestag zeigt, dass unsere drogenpolitische Expertise wichtig für die Arbeit im Landtag sein wird.

Anträge und Gesetzentwürfe: AN Gleichstellung von cannabis- und alkoholkonsumierenden Führerscheininhaberinnen und Führscheininhabern: https://dserver.bundestag.de/btd/19/176/1917612.pdf  AN Gesundheitsschutz statt Strafverfolgung – Für einen progressiven Umgang mit Cannabiskonsum: https://dserver.bundestag.de/btd/19/008/1900832.pdf AN Bundeseinheitliche geringe Drogenmengen festlegen und Harm Reduction erleichtern: https://dserver.bundestag.de/btd/19/148/1914828.pdf AN Eine unabhängige Expertenkommission für die Drogenpolitik einberufen: https://dserver.bundestag.de/btd/19/279/1927959.pdf AN Rechtssicherheit für Drug-Checking schaffen: https://dserver.bundestag.de/btd/19/287/1928774.pdf AN Ein umfassendes Tabakwerbeverbot schaffen: https://dserver.bundestag.de/btd/19/025/1902539.pdf AN Potenziale des Nutzhanfanbaus voll ausschöpfen: https://dserver.bundestag.de/btd/19/258/1925883.pdf (gemeinsam mit Bündnis 90/Die Grünen) Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch – Aufhebung des Genehmigungsvorbehalts der Krankenkassen bei der Verordnung von Cannabis: https://dserver.bundestag.de/btd/19/061/1906196.pdf Kleine Anfragen: Cannabis und synthetische Cannabinoide: https://dserver.bundestag.de/btd/19/281/1928190.pdf Cannabiskonsum und Fahrerlaubnis: https://dserver.bundestag.de/btd/19/079/1907927.pdf Die Legalisierung von Cannabis: https://dserver.bundestag.de/btd/19/237/1923736.pdf Importgenehmigungen für medizinisches Cannabis und Ausschreibungsverfahren der Cannabis-Agentur: https://dserver.bundestag.de/btd/19/012/1901230.pdf Versorgungslage von Cannabis zu medizinischen Zwecken: https://dserver.bundestag.de/btd/19/027/1902753.pdf Import, Anbau und Bedarf von medizinischem Cannabis: https://dserver.bundestag.de/btd/19/098/1909844.pdf Versorgungssituation und Bedarf von medizinischem Cannabis: https://dserver.bundestag.de/btd/19/182/1918292.pdf Vier Jahre Cannabis-als-Medizin-Gesetz: https://dserver.bundestag.de/btd/19/270/1927010.pdf Unabhängige Politikberatung für evidenzbasierte Drogenpolitik: https://dserver.bundestag.de/btd/19/284/1928451.pdf Bericht der Weltkommission für Drogenpolitik: https://dserver.bundestag.de/btd/19/055/1905538.pdf Umgang mit Suchtproblematiken während der Corona-Krise: https://dserver.bundestag.de/btd/19/198/1919872.pdf Drogenkonsumräume in Deutschland: https://dserver.bundestag.de/btd/19/137/1913764.pdf Schadensmindernde Maßnahmen beim intravenösen Drogenkonsum im Strafvollzug: https://dserver.bundestag.de/btd/19/052/1905225.pdf Verschreibung von Opioiden in Deutschland: https://dserver.bundestag.de/btd/19/159/1915967.pdf Tabakindustrie und Tabakkontrolle: https://dserver.bundestag.de/btd/19/260/1926014.pdf Tabakwerbeverbot und Tabaklobby: https://dserver.bundestag.de/btd/19/162/1916247.pdf

Frage 7

Welche drogenpolitischen Initiativen planen Sie in der nächsten Legislaturperiode?

Antwort

Wir erwarten mit Spannung die im Koalitionsvertrag auf Bundesebene angekündigte Legalisierung von Cannabis und anderer Vorhaben. Wir werden darauf drängen, dass alle neuen Handlungsoptionen in NRW umgesetzt werden, die geeignet sind, die Gesundheit und Teilhabe von Drogenkonsumierenden zu verbessern. Schon jetzt wollen wir wie oben beschrieben die Entkriminalisierung von Cannabis und anderer Drogen über die Festsetzung hoher Mengen zum Eigenbedarf als „geringe Menge“ nach § 31a BtMG vorantreiben. Wir setzen uns für ein Drugchecking ein, das sowohl stationär als auch mobil (Point of Care bspw. in Drogenhotspots oder vor Clubs etc.) den Menschen Sicherheit gibt und nicht zuletzt auch neue Personengruppen für risikominimierende Präventionsarbeit erschließt. Wir wollen die Landesmittel für die Prävention und akzeptierende Drogenhilfe erheblich erhöhen. Wir setzen uns dafür ein, Drogenkonsumräume auszubauen und rechtssicher auszugestalten. Uns ist es dabei wichtig, diese Räume ebenso wie die „Szene“ nicht an den Stadtrand zu verdrängen, sondern als Teil der Gesellschaft anzusehen, die es zu akzeptieren und mit Angeboten der Daseinsvorsorge zu versorgen gilt. Wir wollen eine bedarfsgerechte Substitutionsversorgung auch und gerade mit Diamorphin. Hier bedarf es auch Anstrengungen des Landes an medizinischen Fakultäten und der ärztlichen Selbstverwaltung (Kammern, kassenärztliche Vereinigungen), um den ärztlichen Nachwuchs zu fördern und die Bedarfsplanung zu verbessern. Die suchtmedizinische Versorgung in Haftanstalten muss erheblich verbessert werden. Das gilt insbesondere für ein flächendeckendes Substitutionsangebot sowie die Durchführung von Maßnahmen der Schadensminimierung wie Spritzentauschautomaten. Um möglichst viele Todesfälle durch Überdosierung von Opiaten zu verhindern, setzen wir uns für breit angelegte und niedrigschwellige Naloxonabgabe-Programme ein. Wir wollen die Freiheiten von Land und Kommunen nutzen, die unsinnigen bundesrechtlichen Regelungen zu Drogen, insbesondere Cannabis, im Straßenverkehr zu entschärfen. Das betrifft unter anderem eine Behördenanweisung, dass nicht aufgrund des Besitzes von Cannabis ohne Zusammenhang mit dem Führen eines Fahrzeugs die Fahrerlaubnis entzogen bzw. ein „Idiotentest“ angeordnet wird. Wir wollen die suchttherapeutischen Angebote inkl. spezialisierte Psychotherapie sowie die psychosoziale Beratung für Menschen mit einer Abhängigkeitserkrankung ausbauen. Hierbei kommt es uns nicht primär auf Herstellung von Abstinenz, sondern um die Förderung von Teilhabe und Selbstbestimmung an. Wir streben ein konsequentes Werbeverbot für Alkohol- und Tabakwaren an, für das wir eine Bundesratsinitiative durch NRW fordern. Wir wollen verschiedene Maßnahmen auf dem Bereich der nichtstoffgebundenen Abhängigkeiten wie Spielsucht inkl. Sportwetten, Essstörungen aber auch etwa leider breit akzeptierte Abhängigkeiten wie Kaufsucht oder Arbeitssucht als gesellschaftliche Probleme angehen.

Frage 8

Befürworten Sie die Legalisierung von Cannabis für Erwachsene wie von der Bundesregierung geplant und würden dementsprechend eine Ja-Stimme Ihres Bundeslandes im Bundesrat befürworten? Wie stehen Sie in diesem Zusammenhang zur Legalisierung des privaten Eigenanbaus?

Antwort

Wir befürworten die Legalisierung von Cannabis. Auch wenn wir den nichtkommerziellen Bezug etwa über Cannabis-Social-Clubs favorisieren, sind die Pläne der Bundesregierung soweit bekannt ein erheblicher Fortschritt und wir befürworten selbstverständlich das „Ja“ von NRW, falls in das Gesetz nicht doch noch NoGos eingebaut werden. Der Anbau von Cannabis zum eigenen Bedarf ist für uns ein zentraler Bestandteil jeder Legalisierung. Wir haben bereits seit vielen Jahren einen legalen Eigenanbau gefordert.

Bisherige parlamentarische Aktivität

Die Linke war in der aktuellen Legislaturperiode in Nordrhein-Westfalen nicht im Landtag vertreten und verweist in den Antworten auf unsere Wahlprüfsteine auf bundespolitische Anträge zur Drogenpolitik.  

Die Linke in NRW positioniert sich klar als Legalize-Partei. Das drogenpolitische Wahlprogramm ist sehr ausführlich und progressiv. Sie fordert, den THC-Grenzwert auf 5,0 ng heraufzusetzen. Zur Umsetzung der Legalisierung fordert sie konkrete Schritte wie den Eigenanbau und Cannabis Social Clubs, ein Ende der Strafverfolgung, eine Bundesratsinitiative zur schnellen Legalisierung und schließlich staatlich regulierte Fachgeschäfte zum Verkauf kontrolliert angebauter Cannabis-Produkte. Substitutionsangebote sollen flächendeckend ausgebaut werden. In den Antworten auf unsere Wahlprüfsteine macht die Linke deutlich, dass sie eine “Geringe Menge”-Regelung für alle gängigen Drogen befürwortet, und fordert eine sofortige Erhöhung bei Cannabis auf 15 Gramm. Dementsprechend soll auch die Polizei instruiert werden, konsequent von einer Verfolgung abzusehen. Diese soll auch keine Besitzmeldungen mehr an Führerscheinstellen machen. Die Linke legt das beste drogenpolitische Programm vor. Leider liegt sie in NRW derzeit nur bei 3 Prozent in den Umfragen und droht an der 5-Prozent-Hürde zu scheitern wie schon bei der letzten NRW-Wahl 2017.