Das Cannabisverbot ist verfassungswidrig!

Hanfblatt auf weißem Hintergrund

Die Justizoffensive 2019

Hier sind alle Informationen rund um unsere Justizoffensive sowie die Vorlage von Richter Andreas Müller an das Bundesverfassungsgericht zu finden.

Wir wollen erreichen, dass sich das Bundesverfassungsgericht endlich wieder mit der Verfassungswidrigkeit des Cannabisverbots auseinandersetzt. Wir rufen Richter, Rechtsanwälte und Betroffene dazu auf, unsere kostenlose Mustervorlage zu nutzen.

Entscheidung 2023

Am 14. Juni 2023 beschloss das Bundesverfassungsgericht die Richtervorlagen der Amtsgerichte Bernau bei Berlin, Münster und Pasewalk als unzulässig abzulehnen. In der Begründung hieß es:

“Den inhaltlich nur geringfügig voneinander abweichenden Vorlagen fehlt es bereits an der Darlegung der Entscheidungserheblichkeit aller vorgelegter Strafnormen für das jeweilige Ausgangsverfahren. Im Übrigen genügen sie nicht den erhöhten Begründungsanforderungen, die an eine erneute Vorlage zu stellen sind. Es fehlt an einer substantiierten Darlegung rechtserheblicher Änderungen der Sach- und Rechtslage, welche geeignet sind, eine erneute verfassungsgerichtliche Prüfung der mit Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 9. März 1994 (BVerfGE 90, 145 ff.) entschiedenen Vorlagefragen zu veranlassen.”

BVerfG Pressemitteilung Nr. 65/2023 vom 11. Juli 2023

Damit zog sich das Bundesverfassungsgericht aus der Verantwortung und das Urteil von 1994 hat weiterhin Bestand. Ein grundlegendes Urteil gegen eine neue Cannabispolitik ist der Beschluss jedoch nicht, wie das Gericht feststellte:

“Es ist Sache des demokratisch legitimierten Gesetzgebers, Strafnormen gesellschaftlichen Entwicklungen anzupassen.”


BVerfG Pressemitteilung Nr. 65/2023 vom 11. Juli 2023

Unsere Pressemitteilung zum Urteil findet ihr hier.

Informationen für Richter

Holzhammer und Klangblock eines Richters

Artikel 100 GG berechtigt Richter nicht nur zur Vorlage beim Bundesverfassungsgericht, sondern verpflichtet sie auch, wenn sie ein Gesetz für verfassungswidrig halten.

Sie sind Richter und müssten nach dem Gesetz jemanden wegen Cannabis verurteilen, halten das aber für falsch? Dann machen wir Ihnen den Gang nach Karlsruhe leicht mit unserer Mustervorlage, die Sie nur noch dem konkreten Fall anpassen müssen. Je mehr Richter das jetzt tun, desto eher wird sich das BVerfG endlich wieder mit dem Thema beschäftigen.

Bitte melden Sie sich bei uns, wenn Sie vorhaben, die Richtervorlage zu nutzen: .

Richtervorlage von Richter Müller, Amtsgericht Bernau (abgeschickt am 20.04.2020) herunterladen:

Informationen für Angeklagte & Anwälte

Ein Mensch hinter Gittern.

Auch Menschen, die wegen Cannabis angeklagt sind,
und deren Anwälte können unsere Mustervorlage nutzen! Dabei gibt es drei Möglichkeiten:

Sie können den Weg durch die Instanzen gehen und letztlich Verfassungsbeschwerde einlegen.

Außerdem können sie ihre jeweiligen Richter auffordern, das Thema per Richtervorlage nach Karlsruhe zu schicken.

Und ein Angeklagter hat das Recht, vor der Urteilsverkündung eine Aussage zu machen – zum Beispiel unsere Mustervorlage vorzulesen!

Was es dabei zu beachten gibt und wie das genau
funktioniert, erklären wir hier:

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Drei Dimensionen – Einfach erklärt:

Ausgangspunkt der vorliegenden Mustervorlage, des sogenannten Normkontrollantrags, ist die Annahme, dass die Strafbarkeit jedweden Umgangs mit Cannabis durch das Betäubungsmittelgesetz verfassungswidrig ist. Grundlage dafür sind die folgenden drei Verfassungsgrundsätze:

1. Geeignetheit

Das Cannabisverbot mit erheblicher Strafandrohung ist nicht geeignet, das angestrebte Ziel zu erreichen, den Konsum von Cannabis so weit wie möglich auszuschließen oder wenigstens wesentlich zu reduzieren. Während jahrzehntelanger Repression mit Millionen Strafverfahren ist die Zahl der Cannabiskonsumenten immer weiter gestiegen. Noch nie hatten in Deutschland so viele Menschen Erfahrung mit Cannabiskonsum. In den Niederlanden liegt der Konsum trotz freier Verfügbarkeit für Erwachsene in den Coffeeshops im europäischen Mittelfeld. Daten aus US-Staaten, die Cannabis vollständig legalisiert haben, zeigen, dass zwar der Probierkonsum bei älteren Menschen etwas zunimmt, bei der Risikogruppe der Jugendlichen aber zurückgeht. Legalisierung steigert den Konsum nicht und das Verbot reduziert ihn nicht. Das Verbot ist demnach nicht geeignet, die Konsumverbreitung zu reduzieren, insbesondere nicht in jugendlichen Risikogruppen.

2. Erforderlichkeit

Selbst wenn das Verbot geeignet wäre, den Konsum zu reduzieren, müsste es auch erforderlich sein. Ein strafbewehrtes Verbot ist eine besonders restriktive Maßnahme des Staates. Ein solches Gesetz entspricht nur dann dem Grundgesetz, wenn es keine mildere Maßnahme gibt, um das Ziel zu erreichen, den Konsum von Cannabis zu reduzieren. Solche milderen Maßnahmen gibt es aber, nämlich Prävention und Risikominderung durch Aufklärung. Auch bei Alkohol setzt der Staat auf Prävention mit Kampagnen wie “Kenn dein Limit!” Ein Verbot ist nicht erforderlich. 

3. Verhältnismäßigkeit

Der Staat darf nicht mit Kanonen auf Spatzen schießen, die Härte einer repressiven Maßnahme muss im Verhältnis stehen zu dem, was “bekämpft” werden soll. Das Strafrecht ist das härteste Mittel, das ein Rechtsstaat hat und das Betäubungsmittelgesetz sieht zum Teil sehr harte Strafen wie langjährige Gefängnisstrafen für Verstöße vor. Cannabiskonsumenten schaden höchstens sich selbst, sie schaden niemand anderem. Und Cannabis ist zwar nicht harmlos, im Vergleich zu Alkohol und vielen anderen Drogen aber keine außergewöhnlich große Gefahr für die Gesellschaft. Das Verbot ist nicht verhältnismäßig.

Diese Einschätzung wird von vielen Juristen geteilt, siehe z.B. die ausführliche Stellungnahme von Prof. Dr. jur. Dipl.-Psych. Lorenz Böllinger im Juni 2018 zu einer Anhörung im Bundestag.

Die Autoren

Unsere Mustervorlage wurde erstellt von den Rechtsanwälten Henriette Scharnhorst und Johannes Honecker. Beide Kanzleien sitzen in Berlin und übernehmen gern und engagiert die Verteidigung in Strafverfahren wegen Cannabis.

Ehrenamtlich sind Henriette Scharnhorst und Johannes Honecker im Republikanischen Anwältinnen- und Anwälteverein e.V. (RAV) und in der Berliner Strafverteidigervereinigung aktiv.

Juristische Meinungen

Bericht: Zwei Fälle im Amtsgericht Bernau

Hanfblatt in Juristenzeitungen

Die Anzeigenseite des DHV in der Neue Juristische Wochenschrift.

Deutschlands Juristen werden in den nächsten Monaten regelmäßig über eine in ihren Kreisen absolut ungewöhnliche Anzeige stolpern: Die Rede ist von unserer Anzeigenaktion zur Justizoffensive! 

Wir inserieren dank eurer Unterstützung in relevanten Fachzeitschriften und machen so Rechts- und Staatsanwälte sowie Richter auf unsere “Richtervorlage” aufmerksam und rufen dazu auf, die Vorlage anzuwenden.

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Hintergründe zur Kampagne

1994 hat sich das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zuletzt mit der Frage befasst, ob das Cannabisverbot verfassungswidrig ist – vor 25 Jahren!

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Damals kam das Gericht noch zu dem Ergebnis, dass das Verbot insgesamt mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Aber es hat verfügt, dass der Besitz geringer Mengen Cannabis zum Eigenverbrauch nicht mehr bestraft werden soll. Dieser Beschluss war damals nicht einstimmig. Einige Verfassungsrichter hielten das Verbot schon damals grundsätzlich für rechtswidrig.

Ein Argument für die Entscheidung war, dass es noch nicht genug Erkenntnisse gebe über die Gefährlichkeit von Cannabis und die Wirkung der Verbotspolitik. Entsprechend hat das Gericht verfügt, dass neue Erkenntnisse bei der zukünftigen Entwicklung der Gesetzgebung berücksichtigt werden müssten.

Nun gab es viele neue Erkenntnisse in den letzten 25 Jahren, aber keine Änderung der Gesetzgebung durch den Bundestag. Das BVerfG hat das Thema seitdem ebenfalls nicht mehr aufgegriffen und viele Verfassungsbeschwerden von Angeklagten und eine Richtervorlage abgelehnt.

Wir meinen, es ist jetzt an der Zeit, dass das Gericht erneut darüber verhandelt, auch vor dem Hintergrund eines erheblichen gesellschaftlichen Wandels mit Blick auf Cannabis.

Resolution der Strafrechtsprofessoren

Das Betäubungsmittelgesetz muss aufgrund empirischer Forschungsergebnisse dringend hinsichtlich seiner Geeignetheit, Erforderlichkeit und normativen Angemessenheit überprüft und geändert werden. Das fordern 122 Strafrechtsprofessoren schon seit Jahren.

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Mit ihrer Resolution an den Deutschen Bundestag wollen diese Kriminalwissenschaftler auf die unbeabsichtigten schädlichen Nebenwirkungen und Folgen der Kriminalisierung bestimmter Drogen aufmerksam machen. Die strafrechtliche Drogenprohibition ist weltweit gescheitert, sozialschädlich, unökonomisch und erfolglos bei der Bekämpfung von Drogenproduktion und dem Konsum illegaler Substanzen, so die Resolution.

Aus Sicht der 122 Professoren verfehlt die Prohibition ihr zugrundeliegendes Prinzip der Verhinderung schädlichen Konsums, ist unverhältnismäßig kostspielig und schädlich für Konsumenten als auch für die Gesellschaft. Der Staat gibt die Kontrolle über Verfügbarkeit und Reinheit von Substanzen auf, was in Kombination mit einer repressiven Drogenpolitik die organisierte Kriminalität und Schwarzmärkte fördert, welche wiederum zu hohen Steuerausgaben aufgrund der prohibitionsbedingten Strafverfolgung führt. Dieser Vorgang zeigt lediglich, dass der Zweck des Verbots bestimmter Drogen systematisch verfehlt wird:

“Prohibition schreckt zwar einige Menschen ab, verhindert aber Aufklärung und vergrößert gleichzeitig dramatisch die gesundheitlichen und sozialen Schäden für diejenigen, die nicht abstinent leben wollen”,

so die Verfasser der Resolution in ihrer Begründung. Anstatt Gelder für Präventionsmaßnahmen bereitzustellen, wird es im Bereich der Strafverfolgung verschwendet, welche Konsumenten diskriminiert, ihre Bürgerrechte einschränkt und mitunter berufliche Existenzen zerstört.

“Der Staat darf die Bürger durch die Drogenpolitik nicht schädigen. Es ist deshalb notwendig, Schaden und Nutzen der Drogenpolitik unvoreingenommen wissenschaftlich zu überprüfen. Als Kriminalwissenschaftler fühlen wir uns in besonderem Maße verantwortlich für die Einhaltung strafrechtstheoretischer Prinzipien und für die Zurückhaltung des Staates in der Anwendung der ultima ratio gesellschaftlicher Steuerung”,

so das Fazit der Strafrechtsprofessoren.