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Angriff auf die Unabhängigkeit der Justiz

Berlin, 03.12.2020 – In der vergangenen Woche wurde öffentlich, dass die Staatsanwaltschaft Frankfurt/Oder einen Befangenheitsantrag gegen den Bernauer Jugendrichter Andreas Müller gestellt hat, weil dieser sich regelmäßig öffentlich für die Legalisierung von Cannabis ausspricht. Diesen Versuch, den Richter in einem Cannabisverfahren aus dem Weg zu räumen, kritisiert der Deutsche Hanfverband als Angriff auf die Unabhängigkeit der Justiz. Der Verband sieht einen Zusammenhang mit Müllers Normenkontrollantrag beim Bundesverfassungsgericht, die Verfassungswidrigkeit des Cannabisverbots zu prüfen.

Die Staatsanwaltschaft hat Zweifel an Andreas Müllers Neutralität in Verfahren, in denen es um Cannabis geht, und begründet dies mit seinen Äußerungen in der Öffentlichkeit. Auch wenn sich dieser Befangenheitsantrag laut Auskunft der Staatsanwaltschaft nicht auf den Normenkontrollantrag beziehen soll, liegt dieser Verdacht nahe. Denn obwohl Richter Müller sich seit vielen Jahren für einen anderen rechtlichen Umgang mit Cannabis einsetzt und dies auch öffentlich kundtut, reagiert die Staatsanwaltschaft erst, nachdem er sich im April 2020 öffentlichkeitswirksam an das BVerfG gewandt hat. Dabei ist Müller schon seit mindestens 2004 mit seiner prohibitionskritischen Meinung in den Medien präsent, nachdem er damals seinen ersten Normenkontrollantrag zum Cannabisverbot in Karlsruhe gestellt hatte.

Doch nicht nur der Zeitpunkt, auch die Umstände des Antrags erscheinen ungewöhnlich: In der Regel stellen Verteidiger Befangenheitsanträge gegen Richter, nun ist es der Oberstaatsanwalt, der Zweifel an der Neutralität eines Richters hat.
Es ist Richtern nicht verboten, ihre private Meinung öffentlich zu äußern. Zudem machte Richter Andreas Müller lediglich von seinem Recht als Richter gemäß Artikel 100 Abs. 1 GG Gebrauch und legte einen ihm nicht rechtmäßig vorkommenden Sachverhalt dem BVerfG zur Entscheidung vor. Nach dieser Vorschrift ist es sogar die Pflicht eines Richters, im Zweifel eine solche Überprüfung zu beantragen anstatt einfach blind Menschen aufgrund eines womöglich verfassungswidrigen Gesetzes zu verurteilen. Dass der Bernauer Jugendrichter nun folgerichtig auch weitere Cannabisverfahren bis zur Entscheidung des BVerfG aussetzt, ist logisch. Es erscheint ungewöhnlich, dass der Oberstaatsanwalt in einem politisch derart relevanten Fall laut Aussage einer Pressesprecherin der Staatsanwaltschaft Frankfurt/Oder allein auf Empfehlung eines Fachbereichsleiters und ohne Kenntnis höherer Stellen aktiv geworden sein soll.
Sollte herauskommen, dass der Oberstaatsanwalt mit politischer Rückendeckung  der Justizministerin des Landes Brandenburg Susanne Hoffmann (CDU) gegen Richter Müller agiert, wäre dies einer der größten Justizskandale in der Geschichte des Landes Brandenburg.


Kommentare

14 Antworten zu „Angriff auf die Unabhängigkeit der Justiz“

  1. DerHanffreund

    Bundesverfassungsgericht, Harbarth
    Der Bundesverfassungsrichter Stephan Harbarth ist seit Juli 2020 Präsident des Bundesverfassungsgerichts. Das heißt, er bleibt nun sogar bis 2030 im Amt… Ich bin sehr gespannt, auf die nächsten Verhandlungen und die entsprechenden Entscheidungen der Verfassungsrichter. Da werden demnächst so einige dicke Dinger kommen.

  2. aemwe

    Paradox
    Das kann doch niemals durchkommen? Wie sollte sich denn seine Befangenheit auswirken, wenn er doch gar kein Urteil fällt, sondern diese Entscheidung sehr bewusst abgegeben hat.

  3. Emil

    Ja man
    Einfach traurig was da wieder zusammengesponnen wird. Dieser Richter sollte eher eine Auszeichnung bekommen. Ich bin schockiert

  4. Olaf

    “No Go”
    Vielleicht ist dieser Schachzug ein Teil des schon lange angekündigten “Cannabis muss zum absoluten No Go werden”, vom Daniela Ludwig und Jens Spahn Gesundheits-Drogen-WillKanzler-Duo.

  5. Snowflake

    Wo bleibt der Rechtsstaat
    Dieses Vorgehen hat mit Rechtsstaatlichkeit nicht das Geringste zu tun. Hier versucht eine Staatsanwaltschaft ein verfassungswidriges “Gesetz” mit allen Mitteln durchzusetzen. Wäre diese Art des Vorgehens einer Staatsanwaltschaft in einem anderen land und nicht in Deutschland würde man das als Faschismus bezeichnen. Das ist es in Deutschland aber auch.

  6. l

    Das Grundgesetz hochhalten!
    Leider sind immer wieder in letzten Jahren massive Angriffe auf Grundwerte des Grundgesetzes zu beobachten, die man für sicher hielt. Es zeigt sich: Nichts ist wirklich sicher. Die richterliche Unabhängigkeit und die Gewaltenteilung sind sehr, sehr hohe Güter, für die jeder redliche Demokrat – ob er Weed mag oder nicht – unbedingt und vehement eintreten muss!!! Save Richter Müller!!! Amen.

  7. Don Weed

    War doch nur eine Frage der
    War doch nur eine Frage der Zeit bis die Obrigkeit reagiert oder hat hat man geglaubt die schauen tatenlos zu wie ein Richter Verbotenes öffentlich propagiert und sich für die Legalisierung stark macht?

    Ich bin mir sicher, da werden noch ganz andere Schmutzkampanien aufgefahren um das einzige Licht in der Richterschaft zum erlöschen zu bringen.

    “Erst wenn die Maschinen besiegt sind, wird Zion frei sein”

  8. Lars Rogg

    Rechtsstaat….??? Wohl nur
    Rechtsstaat….??? Wohl nur im Sinne des chinesischen Verständnis davon. Wo driftet Deutschland eigentlich hin..??
    Mit allen Mitteln wird Kiffern, Hanfbefürwortern und deren Fürsprechern das Leben zur Hölle gemacht. Demokratischer Rechtsstaat…??? Perverser Lobbystaat, mehr nicht… 🙁
    Entschuldigung…das war jetzt politisch unkorrekt…!!

  9. M. A. Haschberg

    Ein unfaires Spiel im Interesse der Politik.
    Wenn ein moderner Richter wie Herr Müller sich endlich mal im Sinne von Cannabis ausspricht, wird schon seine Neutralität in Frage gestellt.
    Wenn aber, wie bei vielen anderen Richtern üblich, harte Strafen für Cannabisdelikte gefordert werden, wird an deren Neutralität nicht so ohne Weiteres gezweifelt.
    Ich unterstelle der deutschen Justiz, die in der Regel doch eher harte Urteile bei Cannabisverstößen verhängt, erst recht Befangenheit, denn sie handelt einseitig im Sinne der konservativen Politik und deren Lobbyisten.
    Besonders die Pharmaindustrie führt aus reiner Profitgier einen bald Hundertjährigen Krieg gegen diese wunderbare Heilpflanze, die aufgrund ihres vielfältigen Potentials einfach “zu gut ist” für die Behandlung von Menschen und dadurch tragischerweise eine harte Konkurrenz zu ihren eigenen chemischen Pharmazeutika darstellt.
    Aus diesem Grund wird es auch Patienten so schwer gemacht, an medizinisches Cannabis zu gelangen, obwohl gerade dieses als medizinische Grundsubstanz schon seit Urzeiten dem Menschen zur Seite stand.
    Diese Ungerechtigkeit gegen das Wohl des Menschen darf so nicht weiter bestehen.
    Das Bundesverfassungsgericht möge sie in im Namen der Gerechtigkeit endlich beenden!

  10. Marc Ziemann

    Justizskandal?
    Hallo, liebe Leute.
    Ehrlich gesagt kann ich eure Argumentation mal gar nicht nachvollziehen. Natürlich ist ein Richter, der sich für die Legalisierung einsetzt, im Fällen wo es um Cannabis geht befangen und nicht in der Lage aufgrund fehlender Distanz ein Urteil zu fällen. Ich persönlich kann nicht verstehen, warum dieser Antrag nicht schon 10 Jahre früher kam. Daher ist auch euer Reißerisches Schlusswort “Sollte herauskommen, dass der Oberstaatsanwalt mit politischer Rückendeckung der Justizministerin des Landes Brandenburg Susanne Hoffmann (CDU) gegen Richter Müller agiert, wäre dies einer der größten Justizskandale in der Geschichte des Landes Brandenburg.” ist einfach nur billige Propaganda den Justizskandale. Die NSU war ein Justizskandal. Aber dass ist ein völliger nachvollziehbarer Antrag.

  11. Heinz-Dietrich Saupe

    Unabhängigkeit der Justiz
    Es dürfte mittlerweile bekannt geworden sein, dass Deutsche Gerichte keine internationalen EU-Haftbefehle mehr ausstellen dürfen. Ursache dafür ist, wohl ebenfalls bekannt, die Tatsache, dass die Gewaltenteilung in Deutschland nicht gewährleistet ist, dass gerade Staatsanwälte (und damit besonders Oberstaatsanwälte) dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz weisungsgebunden untergeordnet sind, die Unabhängigkeit der Justiz ist nicht ausreichend gewährleistet.

  12. lal

    Top, danke!
    Gut zusammengefasst und richtig bewertet! Top! Bitte bleibt an der Sache dran.

  13. Sandy

    Richtig so!
    Die Neutralität gilt auch der Gesetzgebung. Es sind Fakten die zählen und wenn die Fakten deutlich gegen eine Verurteilung sprechen, dann ist das so.

    Ich bin immer noch fest davon überzeugt, dass das gefährlichste an Cannabis die Prohibitionskampagne von der scheinbar unerfahrenen Frqau Daniela Ludwig ist, die Jugendliche erst dazu animiert zu kiffen…generell bin ich für eine geregelte Freigabe ab 25 Jahren. Damit würde man zudem auch einen großen Teil des Schwarzmarktes austrocknen lassen und kann Jugendliche davon abbringen tatsächlich gefährliche Drogen, wie Heroin, Kokain und so weiter vom Drogendealer zu kaufen. Ich möchte nicht, dass sich eine rechtskonservative Partei meinen Körper als Besitz erklärt!

    1. Jonas

      Ich finde jeder hat ab 18 das
      Ich finde jeder hat ab 18 das Recht zu kiffen. Außerdem halte ich die kontrollierte Abgabe für falsch. Cannabis hat ein enormes wirtschaftliches Potential, was komplett zerstört werden würde.