Warum ein Magdeburger für die Legalisierung von Cannabis kämpft

Der MDR sprach mit Matthias Redlich von DHV-Ortsgruppe Magdeburg über die Vorteile einer Legalisierung. 

Matthias Redlich ist Gründer der Magdeburger Ortsgruppe des Deutschen Hanfverbands. Hier spricht der 35-Jährige über seine persönlichen Erfahrungen mit Cannabis – und erklärt, warum er sich für eine Legalisierung der Droge einsetzt.

  • Matthias Redlich plädiert für legale und kontrollierte Cannabis-Abgabestellen.
  • Eine Cannabis-Legalisierung könnte sich in seinen Augen auch positiv auf Wirtschaft und Steuereinnahmen auswirken.
  • Mit seinen Mitstreitenden vom Hanfverband wirbt er in Magdeburg für eine Legalisierung von Cannabis.

Matthias Redlich: “Cannabis ist längst überall. Ein Dorf kann noch so klein sein, trotzdem wird es dort Cannabis geben, und in den Städten sowieso. Ich bin in Magdeburg aufgewachsen und das erste Mal zu Schulzeiten mit Cannabis in Berührung gekommen, ungefähr mit 15 oder 16. Es war verboten und hatte allein dadurch einen gewissen Reiz. Damals fand ich es aber ziemlich komisch, mein Herz hat stark geklopft, ich habe mich nicht gut gefühlt, einmal hatte ich sogar Kreislaufprobleme. Das war als Erfahrung nicht schön. Ich habe es dann schnell wieder gelassen.

Erst mit 27 habe ich angefangen, regelmäßiger Cannabis zu konsumieren. Für mich ist das ein Entspannungsmoment. Außerdem habe ich festgestellt, dass meine Migräne verschwunden ist, seit ich Cannabis rauche. Das Problem ist: Momentan muss man auf dem Schwarzmarkt kaufen.”

Redlich: “Das Cannabis dort wird immer stärker, weil die Leute immer mehr Profit machen wollen, und du weißt letztlich nicht, was du kriegst, ob es dich vielleicht zehn Meter ins Sofa drückt. Deshalb brauchen wir legale, kontrollierte Abgabestellen. Wenn man im Späti eine Flasche Bier kauft, weiß man, da ist Bier drin und kein Whisky. So sollte es auch beim Cannabis sein.

In meinen Augen gibt es viele gute Gründe für eine Legalisierung von Cannabis. Zum Beispiel der Jugendschutz. Für Jugendliche ist es heutzutage viel schwieriger, an Alkohol und Tabak zu kommen, als an Cannabis. Weil diese Drogen kontrolliert abgegeben werden und da jemand hinter der Kasse sitzt, der im Zweifel sagt: ‘Zeig mir mal deinen Personalausweis.’ Für mich wäre 21 die Altersgrenze, ab der man Cannabis legal kaufen können sollte.”

Zusätzliche Steuereinnahmen in Milliardenhöhe?

Redlich: “Alle sehen immer nur den Aspekt, dass man durch den legalen Verkauf von Cannabis zusätzliche Steuereinnahmen hätte und Kosten bei Polizei und Gerichten sparen könnte. Allein das könnte nach Berechnungen der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf jährlich bis zu fünf Milliarden Euro einbringen.

Aber der Rattenschwanz geht noch viel weiter. Wenn es zum Beispiel so kommt, dass man drei Pflanzen pro Person anbauen darf, dann bräuchte man dafür wieder Materialien, Dünger, Belüftung und alles drum und dran. Das muss alles hergestellt und transportiert werden, und jedes Unternehmen in der Kette müsste wieder Steuern zahlen.

Mit den zusätzlichen Steuereinnahmen, die dadurch generiert werden, sollte auch die Drogenaufklärungsarbeit in Schulen verbessert werden. Bislang wird Jugendlichen wenn überhaupt beigebracht, dass Drogen verboten und schädlich sind. Das ist in meinen Augen die falsche Herangehensweise. Man muss ihnen sagen, was mit ihnen passiert, wenn sie ihre Erfahrungen machen. Ich will nicht, dass Jugendliche konsumieren, aber wir können es ihnen nicht verbieten.”

“Deutschland ist bereit für eine Legalisierung”

Redlich: “Ich will den Menschen zeigen, dass Cannabis nichts Schlimmes ist oder etwas, vor dem man Angst haben muss. Und ich möchte nicht länger auf dem Schwarzmarkt einkaufen. Deshalb habe ich vor rund drei Jahren die Ortsgruppe Magdeburg des Deutschen Hanfverbandes ins Leben gerufen.

Inzwischen sind wir sieben, acht Leute. Wir haben einen monatlichen Stammtisch und stehen regelmäßig mit unserem Info-Zelt in der Stadt. Die Resonanz ist positiv, viele Menschen sind sehr interessiert, kommen zu uns, diskutieren mit uns. Vor allem ältere Menschen erzählen uns, wofür sie Hanf früher alles genutzt haben. Das ist für mich ein Zeichen, dass Deutschland bereit ist für eine Legalisierung.

Es gibt viele Politiker, die sich, zum Teil intensiv, für eine Legalisierung einsetzen. Andererseits haben wir mit AfD, CDU und CSU auch Parteien, die massiv dagegen wettern. Ich glaube, da fließt momentan viel Geld von der Alkohol-Lobby, die eine Cannabis-Legalisierung verhindern will. Ich verstehe diese Kampagnen nicht. Warum legalisiert Kanada, warum legalisieren einige Bundesstaaten in den USA, warum hat Uruguay Cannabis legalisiert? Das ist doch nicht ohne Grund.

Bis zu einer Legalisierung in Deutschland müssen noch einige Hürden überwunden werden. Es gibt offene Fragen mit Blick auf den Bundesrat, das Europaparlament und internationale Verträge wie das Schengen-Protokoll, an die Deutschland gebunden ist. Es ist daher schwer zu sagen, bis wann die Legalisierung in Deutschland kommen wird. Aber ich hoffe und halte es für realistisch, dass es bis Anfang 2024 passiert.”