Cannabis als Medizin

Hier findet ihr Informationen über medizinische Verwendungsmöglichkeiten von Cannabis sowie über die Möglichkeiten für die Anwendung in Deutschland und potentielle rechtliche Probleme dabei.

Cannabis als Medizin – Ratgeber für Patienten

Der Patientenratgeber des DHV

Seit zwei Jahren ist das Gesetz zu Cannabis als Medizin zwar rechtlich verankert, aber nach wie vor berichten uns Patienten tagtäglich über die vielfältigen Probleme, welche das Gesetz in der Praxis mit sich bringt. Ob die Suche nach einem Arzt, Lieferengpässe oder die unklare Situation zu Cannabis als Medizin im Straßenverkehr: Noch immer haben viele Probleme mit dem neuen Gesetz und fragen den Deutschen Hanfverband nach Rat. Zusätzlich zu unserem FAQ zu Cannabis als Medizin haben wir nun auch unseren gedruckten Ratgeber fertiggestellt, der einen Überblick über das Gesetz gibt und Patienten bei der Klärung wichtiger Fragen helfen kann. Neben einem Überblick geben wir Tipps und Infos zum Arztbesuch und den Kostenübernahemantrag sowie den Umgang im Alltag. Wem die digitale Version ausreicht oder erstmal einen Blick in den Ratgeber werfen möchte, kann diesen im PDF-Format hier runterladen.

Auch wenn wir keine Patientenberatungsstelle sind, versuchen wir täglich, hilfesuchenden Patienten nach bestem Wissen und Gewissen zu helfen. Als Nicht-Mediziner können wir aber keine Auskünfte zu einzelnen Erkrankungen oder Dosierungsfragen geben. Bei weiterführenden Fragen empfehlen wir daher den Kontakt zu den Spezialisten der Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin. Patienten und Ärzte, die sich über unseren Ratgeber hinaus vertiefend mit der Thematik befassen möchten, empfehlen wir die Verordnungshilfe von Dr. Franjo Grotenhermen, die ebenfalls in unserem Shop erhältlich ist.

Cannabis als Medizin

  • Hilft Cannabis gegen Krebs?

    Dass Cannabis für Krebspatienten hilfreich sein kann, um Schmerzen und die Nebenwirkungen einer Chemotherapie wie Übelkeit und Gewichtsabnahme zu lindern, ist unbestritten.

    Manche Erfahrungsberichte, die im Internet zu finden sind, wecken auch Hoffnungen, dass Cannabis den Krebs selbst zurückdrängen könnte. Tatsächlich gibt es einige positive Untersuchungsergebnisse im Labor, in Tierversuchen und auch Fallbeispiele bei Menschen. Allerdings ist noch völlig unklar, welches Cannabinoid bzw. welche Kombination bei welcher Krebsart helfen könnte und unter welchen Umständen sogar ein negativer Effekt möglich wäre.

    Wer sich weiter einlesen möchte, findet hier einen schönen Übersichtsartikel des Hanf-Magazins und hier eine Zusammenfassung von Dr. Franjo Grotenhermen, der dazu auch ein Buch verfasst hat.

    Grundsätzlich ist dringend davon abzuraten, eine konventionelle Krebstherapie durch Cannabis ersetzen zu wollen!

  • Ich bin Cannabispatient und will ins Ausland verreisen. Was muss ich beachten?

    Für Auslandsreisen und die geplante Mitnahme der verschriebenen Betäubungsmittel gibt es standardisierte Regeln, die sich jedoch je nach Reiseziel unterscheiden. Das Reisen mit medizinischem Cannabis ist grundsätzlich wie bei anderen Betäubungsmitteln möglich. Patienten können die im Rahmen ihrer Behandlung mit Cannabis verschriebenen Medikamente gemäß der Betäubungsmittel-Verschreibungsordnung für die Dauer der Reise in einer angemessenen Menge als Reisebedarf ein- und ausgeführen. Dies gilt nur für Patienten, die Mitnahme von Betäubungsmitteln durch vom Patienten beauftragte Personen ist nicht möglich, „da Betäubungsmittel ausschließlich für den eigenen Bedarf mitgeführt werden dürfen“.

    Für Bürger, die aus den Vertragsstaaten des Schengener Abkommens stammen, kann bei Reisen die Mitnahme der Medizin relativ einfach erfolgen. Hierfür muss der Patient die vom Arzt ausgefüllte Bescheinigung nach Artikel 75 des Schengener Durchführungsübereinkommens mit sich führen. Zu den Ländern, in denen das Schengener Abkommen gültig ist, gehören: Belgien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Island, Italien, Lettland, Liechtenstein, Litauen, Luxemburg, Malta, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Schweden, Schweiz, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechien und Ungarn.
    Folgende europäischen Länder gehören nicht zum Schengen-Raum, hier gilt also nicht das Durchführungsabkommen: Rumänien, Kroatien, Bulgarien, Großbritannien, Irland und Zypern.
    Die erforderliche Bescheinigung ist beim BfArM erhältlich.

    Diese Bescheinigung muss vor Antritt der Reise durch die oberste Landesgesundheitsbehörde oder eine von ihr beauftragte Stelle auf Grundlage der ärztlichen Verschreibung beglaubigt werden. Wichtig an dieser Stelle: Für jedes verschriebene Betäubungsmittel ist eine gesonderte Bescheinigung erforderlich, zudem sind die Bescheinigungen maximal 30 Tage gültig!

    Und was ist mit Reisen in andere Länder?

    Aufgrund fehlender internationaler Abstimmung bei der grenzüberschreitenden Mitnahme von Betäubungsmitteln außerhalb des Schengener Raums sind Patienten dazu angehalten, sich vor ihrer Reise über die jeweiligen nationalen Bestimmungen ihres Reiseziellandes zu informieren. Es gibt nämlich einiges zu beachten, da für manche Länder Importgenehmigungen notwendig sind, es Mengeneinschränkungen oder sogar das Verbot der Mitnahme gibt. Zur Klärung des jeweiligen Sachverhalts empfiehlt das BfArM die Kontaktaufnahme zum Auswärtigen Amt.

    Patienten, die Betäubungsmittel auch bei Reisen in andere als die oben genannten Länder mitnehmen müssen, rät die Bundesopiumstelle, den Leitfaden des Internationalen Suchtstoffkontrollamtes (INCB) zu beachten. Dieser Leitfaden sieht bei mit Betäubungsmitteln reisenden Patienten eine maximale Reisedauer von maximal 30 Tagen vor. Gemäß dieses Leitfadens sollte sich der Patient von seinem Arzt eine mehrsprachige Bescheinigung mit Angaben zu Einzel- und Tagesdosierungen, Wirkstoffbezeichnung und Dauer der Reise ausstellen lassen. Diese Bescheinigung muss an die zuständige oberste Landesgesundheitsbehörde des Reiseziellandes oder eine von ihr beauftragte Stelle beglaubigt werden. Patienten sollten diese Bescheinigung bei der Reise mit sich führen. Auch hier bietet das BfArM einen Vordruck. Sollte die Mitnahme der Medikamente nicht möglich sein, ist es Aufgabe der Patienten zu klären, ob diese im Reiseland durch einen dort ansässigen Arzt verschrieben werden können. Wenn auch das nicht möglich ist, bleibt als letztes Mittel nur die Beantragung einer Ein- und Ausfuhrgenehmigung bei der Bundesopiumstelle.

  • Wer entscheidet, in welcher Form Medizinalhanfblüten an die Patienten abgegeben werden?

    Grundsätzlich ist es Aufgabe des Arztes und des Patienten zu entscheiden, ob die Cannabisblüten verarbeitet, also granuliert und portioniert werden sollen, oder ob sie nur umgefüllt und ansonsten unverändert an die Patienten abgeben werden. Granuliert und portioniert wird grundsätzlich, wenn der Arzt dies auf dem Rezept vermerkt. Teilweise bestehen die Apotheker aber auch auf den Vorgang, wenn der Arzt nur die vorgeschriebene Dosis auf dem Rezept vermerkt hat. Dies kann umgangen werden, indem der Arzt die Dosierung nicht auf dem Rezept vermerkt, sondern diese gesondert auf einer schriftlichen Anweisung festhält. Aber auch diese schriftliche Anweisung wollen Apotheker teilweise einsehen, was zum Teil schon zu unschönen Diskussionen in diversen Apotheken geführt hat.

  • Wie werden die Medikamente angewendet?

    Abgesehen von Sativex können die Produkte jeweils inhaliert, verbacken oder als Tee aufbereitet werden. Bei Letzterem ist allerdings zu beachten, dass die Cannabinoide nicht wasserlöslich sind, wohl aber fettlöslich. Bei derartiger Weiterverarbeitung ist eine standardisierte Einnahme allerdings schwierig. Dronabinol wird in der Regel in Form von öligen Tropfen ausgeliefert und kann direkt oral eingenommen, aber auch verdampft werden.

    Die Inhalation ist durch Rauchen oder, unter der Verwendung eines Vaporisators, mittels Verdampfen möglich. Ärzte raten zum Verdampfen beziehungsweise Vaporisieren, da auf diesem Wege keine potenziell schädigenden Stoffe eingeatmet werden. Welche Einnahmeart zu bevorzugen ist, hängt von der Indikation des Patienten und möglicherweise zusätzlich vorhandenen Erkrankungen ab. Der Patient kann aber seinen Einnahme-Wunsch zum Ausdruck bringen.

  • Medizinisches Cannabis im Straßenverkehr: Kann ich als Patient meinen Führerschein verlieren?

    Nach Auskunft der Bundesregierung wird es Patienten, die medizinisches Cannabis verschrieben bekommen, grundsätzlich möglich sein, am Straßenverkehr teilzunehmen. Patienten drohe keine Sanktion gemäß dem Straßenverkehrsgesetz, “wenn Cannabis aus der bestimmungsgemäßen Einnahme eines für einen konkreten Krankheitsfall verschriebenen Arzneimittels herrührt”, so die Bundesregierung weiter. Dabei ist allerdings zu beachten, dass die Führerscheinstellen bei bestimmten Krankheiten, beispielsweise Epilepsie, die Fahrtauglichkeit grundsätzlich in Frage stellen.

    Die Frage nach der Fahrtüchtigkeit unter medizinischer Anwendung von Cannabis wird allerdings im jeweiligen Einzelfall entschieden. Wie bei anderen BtM-Medikamenten gilt: Wenn der Arzt der Meinung ist, dass der Patient unter Medikamenteneinfluss fahrbereit ist, darf er sich hinter das Steuer setzen.
    In einem Merkblatt des Bundesverkehrsministeriums heißt es hierzu: „Während der illegale Konsum von Betäubungsmitteln (außer Cannabis) die Fahreignung nach Anlage 4 Nr. 9.1 FeV ausschließt, führt die Einnahme von Medikamenten nur dann zum Ausschluss der Fahreignung, wenn es zu einer Beeinträchtigung des Leistungsvermögens unter das erforderliche Maß kommt (Anlage 4 Nr. 9.6.2 FeV)“. Das bedeutet, dass der Patient sich aus Sicht des behandelnden Arztes in einem stabilen, gut eingestellten Zustand befinden muss und die Einnahme des betreffenden Betäubungsmittels seinen Allgemeinzustand nicht wesentlich negativ beeinflusst.

    Das BfArM äußert sich zu dieser Frage wie folgt: „Ausreichend verlässliche wissenschaftliche Informationen zu dieser Frage liegen nicht vor. Insbesondere zu Beginn der Therapie sowie in der Findungsphase für die richtige Dosierung ist von einer aktiven Teilnahme am Straßenverkehr abzuraten. Ob bei stabiler Dosierung die Teilnahme am Straßenverkehr möglich ist, muss in jedem Einzelfall nach Rücksprache mit den Patientinnen und Patienten entschieden werden.“ Da es aber schwierig ist, im Rahmen einer Straßenverkehrskontrolle zwischen medizinischem und nicht-medizinischem Gebrauch von Cannabis zu unterscheiden, könnte es hier zukünftig zu mehr Problemen kommen. Und so ist es auch in der Praxis: Die Polizei meldet auch Patienten weiterhin an die Führerscheinstellen!

    Patienten, denen medizinisches Cannabis verschrieben wird, müssen sich an die mit dem Arzt abgestimmte Dosierung halten, denn die Erlaubnis für den Kauf von medizinischem Cannabis in der Apotheke ist keine Berechtigung für darüber hinausgehenden Cannabis-Konsum. So urteilte der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, dass “die Fahreignung ohne Weiteres ausgeschlossen” sei, wenn ein Autofahrer auch erhebliche Mengen illegal beschafften Cannabis konsumiere.

    Ebenfalls wichtig ist das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Saarlouis, welches eine zuvor illegal durchgeführte Selbsttherapie als medizinische Verwendung nachträglich anerkannte.

    Weitereführende Infos bietet die Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin.

  • Ist Eigenanbau eine Option?

    Zur Zeit gibt es auch für Patienten keine legale Möglichkeit zum Eigenanbau ihrer Medizin.

    Die meisten Patienten, die einen Antrag auf Eigenanbau beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte gestellt haben, dürften bereits Post erhalten haben. Laut uns vorliegenden Informationen bat das Bundesinstitut angesichts des neuen Gesetzes um Rücknahme des Antrages bis zum 30.4.2017. Diese Bitte wurde mit dem Hinweis, dass der Antrag keine Aussicht auf Erfolg hätte, vom BfArM unterstrichen. Nach Ablauf der Frist Ende April müsste das Bundesinstitut den Antrag dann kostenpflichtig ablehnen. Dazu das BfArM: „Somit entfällt das bisherige Erlaubnisverfahren mit Bezug auf § 3 Absatz 2 BtMG zur medizinischen Anwendung von Cannabis.“ Mit anderen Worten: Die Begründung im Gesetz macht deutlich, dass der Eigenanbau von Cannabis zu medizinischen Zwecken durch Patienten in Zukunft ausgeschlossen werden soll.

    Auch die wenigen Patienten, die per Gerichtsbeschluss wegen ihres Versorgungsnotstands eine Genehmigung zum Eigenanbau erwirkt hatten, müssen ihren Anbau beenden, sobald sie eine Kostenzusage von ihren Krankenkassen zum Bezug von Cannabis aus der Apotheke erhalten haben, denn damit ist kein Notstand mehr gegeben.

    Auch zukünftig ist allerdings von Härtefällen auszugehen, in denen Krankenkassen die Übernahme der erforderlichen medizinischen Versorgung ablehnen werden – auch wenn Cannabis den Patienten nachweislich hilft und diese sich medizinisches Cannabis auf Privatrezept nicht leisten können. Auch wenn das neue Gesetz Eigenanbau konsequent verhindern möchte: Ist eine Regelversorgung nicht gewährleistet, besteht weiterhin die Möglichkeit, im Falle einer Strafanzeige wegen Eigenanbau auf rechtfertigenden Notstand zu plädieren. Wir gehen davon aus, dass es früher oder später solche Prozesse geben wird. Ob sie zugunsten der Patienten ausgehen werden, können wir aber nicht vorhersagen.

  • Wie sind die Chancen auf Kostenübernahme durch die Krankenkassen?

    Laut Gesetz sollen die Krankenkassen die Kosten für Cannabis-Medikamente übernehmen, wenn eine schwerwiegende Erkrankung vorliegt und andere Therapieformen ausgeschöpft sind beziehungsweise der Arzt im Einzelfall begründet, warum dies nicht geschehen soll. Die Krankenkassen dürfen nur in begründeten Einzelfällen die Kostenübernahme verweigern. Die aktuelle Situation zeigt allerdings, dass die Krankenkassen bereits viele Kostenübernahmeanträge abgelehnt haben – selbst bei bisherigen Ausnahmeerlaubnisinhabern, die bereits anhand der oben genannten Kriterien staatlich geprüft waren. Es ist davon auszugehen, dass es zukünftig zu weiteren Klagen vor Sozialgerichten kommen wird, in denen die Krankenkassen zur Erstattung der Kosten für medizinisches Cannabis verurteilt werden.

    Wenn die Krankenkasse den Antrag auf Kostenübernahme ablehnt, sollten Patienten gegen diesen Entschluss innerhalb von vier Wochen nach Erhalt der Entscheidung zunächst einen formlosen Widerspruch einlegen. Danach gibt es die Möglichkeit, sich gemeinsam mit dem behandelnden Arzt schriftlich zur Ablehnung zu äußern und eine erneute Prüfung des Antrages auf Kostenübernahme zu beantragen. Der Gang vor ein Sozialgericht zur Erwirkung einer vorläufigen Verfügung sollte bei Ablehnung des Widerspruchs unbedingt erwogen werden. Auch Patienten, die eine zeitlich befristete Kostenübernahme bewilligt bekommen haben, sollten ihre Krankenkassen darauf hinweisen, dass eine solche zeitliche Befristung nach einem Urteil des Sozialgerichts Hildesheim (Aktenzeichen: S32 KR 4041/17 ER) rechtlich anfechtbar ist. Auch das Bundesversicherungsamt hat darauf hingewiesen, dass zeitliche Befristungen in Paragraph 31 SGB V nicht vorgesehen sind.

  • Was müssen Ärzte und Patienten bei einer geplanten Kostenübernahme durch die Krankenkassen beachten?

    Generell kann der behandelnde Arzt bei vorliegender Erkrankung und bereits erfolgter versuchter Behandlung mit anderen Medikamenten ein Privatrezept ausstellen, mit dem der Patient auf eigene Kosten medizinisches Cannabis in der Apotheke erwerben kann. Cannabis-Arzneimittel müssen auf einem Betäubungsmittelrezept verschrieben werden. Wenn die Kostenübernahme durch die Krankenkasse beabsichtigt wird, sind laut Krankenkassen wie der AOK folgende Voraussetzungen zu erfüllen:

    – Vorliegen einer schwerwiegenden Erkrankung

    – nicht zur Verfügung stehende allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Therapie oder nicht anwendbare Therapieformen

    – eine Aussicht auf positive Entwicklung

    Bei der erstmaligen Verordnung ist auch bei einer vorliegenden Ausnahmeerlaubnis ein Antrag auf die Genehmigung der Kostenübernahme nach § 31 Abs. 6 SGB V bei der Krankenkasse zu stellen. Zur Ermittlung des im Einzelfall bestehenden Versorgungsanspruches ist bereits vor der ersten Verordnung ein Genehmigungsverfahren der Krankenkasse erforderlich. Dieser Antrag muss folgende Dinge enthalten:

    – den ausgefüllten Arztfragebogen zu Cannabinoiden für einen Leistungsanspruch nach § 31 Absatz 6 SGB V
    – die genaue Angabe/Verordnung des Arzneimittels: Angabe Wirkstoff, Handelsname, Rezeptur, Darreichungsform, Art der Anwendung etc.
    – Angaben, ob eine Ausnahmeerlaubnis für den Cannabis-Erwerb vorlag (gilt nur für Patienten, bei denen das bereits der Fall war)
    – die Kennzeichnung bei Verordnung im Rahmen einer ambulanten Palliativversorgung nach § 37b SGB V (gilt nur für diese Patienten)

    Was es zu beachten gibt: Über den Kostenübernahmeantrag müssen die Krankenkassen innerhalb von drei, bei der Einbeziehung des medizinischen Dienstes innerhalb von fünf Wochen entscheiden. Bei der Anwendung von Medizinalhanf im Rahmen einer ambulanten Palliativversorgung ist die Entscheidung von Seiten der Kassen innerhalb von drei Tagen erforderlich. Wenn die Krankenkassen innerhalb dieser Frist nicht entscheiden, greift die Genehmigungsfiktion und der Antrag gilt als genehmigt.

    Zudem sieht der Gesetzgeber eine Begleitstudie vor, über die Patienten im Vorfeld der Verordnung informiert werden müssen. Diese Begleiterhebung wird anonymisiert vom BfArM durchgeführt und soll Rückschlüsse über die Wirksamkeit von medizinischem Cannabis liefern. Ein sofortiger Therapiebeginn ist nur auf Privatrezept möglich. Allerdings muss auch für ein Privatrezept eine Erkrankung vorliegen, welche den Einsatz von medizinischem Cannabis rechtfertigt.

    Aber: Die Kostenübernahme durch die Krankenkassen wurde ausdrücklich nicht an das Vorliegen einer bestimmten Erkrankung geknüpft. Der Arzt braucht, anders als im Arztfragebogen abgefragt, keine Literatur zu nennen, mit der der Arzt die „positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf“ begründen soll. Hilfreich beim Ausfüllen des Fragebogens können allerdings Verweise auf bisherige Krankheiten sein, bei denen die Bundesopiumstelle in der Vergangenheit bereits eine Ausnahmeerlaubnis erteilt hat. Weitere hilfreiche Hinweise zur Stellung des Kostenübernahmeantrags findet ihr auf der Seite der Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin.

  • Wie teuer ist medizinisches Cannabis aus der Apotheke? Wie wird es in den Apotheken verarbeitet?

    “Solange keine Fertigarzneimittel abgegeben werden, handelt es sich um Rezepturarzneimittel”, so das BfArM in einer Mitteilung zum neuen Gesetz. Nach einigen Tagen der Irritation sind sich die Fachleute aber mittlerweile einig, dass Cannabis ein Rezepturausgangstoff ist, aus dem ein Rezepturarzneimittel hergestellt werden soll. Wenn Apotheker die vorportionierten Dosen öffnen und die Blüten in unverändertem Zustand umfüllen oder abpacken, wird der Preis nach § 4 AMPreisV gebildet. Werden die Blüten durch Zerkleinern, Sieben oder Abpackung in Einzeldosen zu einem Rezepturarzneimittel verarbeitet, gilt § 5 AMPreisV. Neuportionieren, Granulieren, Sieben und Abwiegen durch den Apotheker verteuern das Medikament erheblich. Die Preise steigen also, wenn der Apotheker „Hand anlegt“ und die Medizin zu einem Rezepturarzneimittel weiterverarbeitet. Apotheken, die Cannabisblüten zu den bisherigen Preisen abgeben, begehen eine Ordnungswidrigkeit.

    Dadurch sind die Preise für medizinisches Cannabis nach der Gesetzesänderung zunächst von 12,50 Euro pro Gramm auf über 20 Euro pro Gramm gestiegen. Mittlerweile hat jedoch ein ein Markt mit zahlreichen Anbietern gebildet, auf dem preislich sehr unterschiedliche Kultivare verfügbar sind. Die Preisspanne reicht von 6 – 7 Euro pro Gramm bis über 15 Euro für Blüten. Cannabis aus deutscher Produktion kostet derzeit etwas mehr als 10 € und wird zum Einheitspreis durch die Cannabisagentur vertrieben.

  • Ist medizinisches Cannabis in allen Apotheken erhältlich?

    Der Präsident der Bundesapothekerkammer, Andreas Kiefer, äußerte sich im Rahmen der Vorstellung der Cannabisagentur wie folgt: „Jede Apotheke kann jetzt nach einer ärztlichen Verordnung Rezepturarzneimittel mit Cannabis herstellen und abgeben“. Nach unseren derzeitigen Erkenntnissen sind die Apotheken verpflichtet, entsprechende Rezepte einzulösen. Allerdings kann es bei einigen Sorten zu Lieferengpässen kommen.

  • Mein Arzt will mir kein medizinisches Cannabis verschreiben. Was kann ich tun?

    Prinzipiell kann jeder Arzt die Behandlung eines Patienten mit medizinischem Cannabis verweigern. In diesem Fall helfen entweder bessere Informationen für den Arzt oder ein Arztwechsel. Zum Teil reagieren Ärzte noch immer skeptisch und voreingenommen, da sie jahrzehntelang Cannabis primär als Droge wahrgenommen haben und noch immer wahrnehmen. Viele Ärzte sind auch uninformiert über die neuen Möglichkeiten, die ihnen das Gesetz bietet. Zum Teil gibt es auch die Angst vor Regressforderungen aufgrund eines durch die Verordnung möglicherweise überstrapazierten Praxisbudgets. Manche haben sich aber auch bislang nicht mit medizinischen Studien beschäftigt, welche die Wirksamkeit von medizinischem Cannabis nachgewiesen haben. Hier können Patienten ansetzen und den behandelnden Arzt mit ergänzenden Informationen, beispielsweise aus dem Ärzteblatt, der Arbeitgemeinschaft Cannabis als Medizin oder dem Selbsthilfenetzwerk Cannabis Medizin, versorgen. Ein aufgeklärter Arzt ist eventuell offener für diese Behandlungsform.

  • Welche Mengen können verschrieben werden?

    Laut BfArM gibt es Höchstmengen für Verschreibungen innerhalb von 30 Tagen. Die Verschreibungshöchstmenge von Cannabisextrakt in pharmazeutischer Qualität, bspw. Sativex, liegt bei 1000 mg (bezogen auf den -Gehalt) und für Dronabinol bei 500 mg. Für Cannabisblüten ist eine Höchstmenge von 100.000 mg, also 100 g, pro Monat vorgesehen. Für das Fertigarzneimittel Canemes (Nabilon) wurde keine Höchstverschreibungsmenge festgelegt.

  • Dürfen Cannabispatienten in der Öffentlichkeit medizinisches Cannabis rauchen?

    Patienten dürfen ihre Medizin prinzipiell in der Öffentlichkeit zu sich nehmen. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) äußert auf eine schriftliche Anfrage, dass die Medikamenteneinnahme grundsätzlich entsprechend der Vorgabe des verschreibenden Arztes zu erfolgen habe. Wenn die therapeutische Anwendung im Ausnahmefall nur in der Öffentlichkeit möglich sei, stelle dies keine Straftat dar. Besondere gesetzliche Regelungen zur Anwendung von Cannabis als Arzneimittel in der Öffentlichkeit gebe es, abgesehen vom einzuhaltenden Nichtraucherschutz, nicht.

    Auf der Homepage des BfArM findet sich noch folgende Stellungnahme: „Von der Anwendungsart Rauchen wird grundsätzlich abgeraten. Sollte Ihre behandelnde Ärztin bzw. Ihr behandelnder Arzt im Einzelfall dennoch diese Anwendungsart für die Therapie empfehlen, so sollte die Anwendung – wenn immer möglich – nicht im öffentlichen Raum stattfinden. Für unbeteiligte Bürgerinnen und Bürger ist nicht erkennbar, ob es sich um die Anwendung eines Arzneimittels oder um den illegalen Konsum von Cannabis handelt. Dies sollte stets berücksichtigt werden.“

    Allerdings herrschen trotz der Stellungsnahmen von Bundesministerien oder dem BfArM noch immer Unklarheiten bei Patienten, Ärzten oder Beamten, wenn es um die Einnahme von medizinischem Cannabis in der Öffentlichkeit geht. Der Deutsche Hanfverband wollte es genauer wissen, weshalb wir allen Innen- und Gesundheitsministerien folgende Anfrage zuschickten:

    Sehr geehrte Damen und Herren,

    vor dem Hintergrund des neuen Gesetzes zu Cannabis als Medizin und dem Wegfall der Ausnahmegenehmigungen möchten wir vom Deutschen Hanfverband in Erfahrung bringen, wie die polizeiliche Dienstanordnung zum Umgang mit Cannabispatienten, die in der Öffentlichkeit ihre Medizin zu sich nehmen müssen, in Ihrem Bundesland geregelt ist. Wir würden gerne wissen, ob es eine solche polizeiliche Dienstanordnung in Ihrem Bundesland gibt.

    Des weiteren bitte ich Sie um Beantwortung folgender Fragen:
    – Wie ist die polizeiliche Dienstanordnung zum Umgang mit Cannabispatienten, die in der Öffentlichkeit ihre Medizin zu sich nehmen müssen, in Ihrem Bundesland geregelt?
    – gibt es eine solche polizeiliche Dienstanordnung?
    – Wie bzw. wo können Cannabis-Patienten die entsprechende Regelung bzw. Verordnung zur Einnahme ihrer Cannabis-Medizin außerhalb ihrer Privaträume finden (z.B. Reisen, am Arbeitsplatz oder bei längerer Abwesenheit)?
    – Findet bei Cannabis-Patienten eine konsequente Anwendung des Nichtraucherschutzgesetzes statt, in dessen Rahmen das öffentliche Rauchen von Medizinalkräutern aus gesundheitlichen Gründen oder von Tabakerzeugnissen aus Genussgründen, in Bezug auf Fremdschädigung und Jugendschutz, bereits geregelt ist?
    – Was müssen Cannabis-Patienten bei der öffentlichen Einnahme von Medizinalhanfkräutern ansonsten beachten?

    11 der 16 Bundesländer haben innerhalb der letzten Wochen geantwortet. Aus Hamburg, Hessen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg gab es auch auf wiederholte Anfrage keine Antwort. Grundsätzlich orientieren sich viele der aus den Ministerien eingegangenen Antworten inhaltlich an den Anweisungen des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Doch es gab auch über die Einschätzung des BfArM hinausgehende Anordnungen im Umgang mit Cannabispatienten, weshalb wir euch hier die Antworten der jeweiligen Bundesländer und Ministerien präsentieren. Negativbeispiele sind hier klar Thüringen und Rheinland-Pfalz: Während Polizisten in Thüringen grundsätzlich Ermittlungsverfahren gegen Cannabis-Patienten einleiten, die außer Hause ihre Medizin einnehmen, geht man im Gesundheitsministerium Rheinland-Pfalz davon aus, dass Cannabispatienten nach Prüfung des Rezepts und der Personalien zusätzlich auf andere, illegale Substanzen durchsucht werden können. In diesem Artikel hat unser Autor Michael Knodt sich mit den Stellungsnahmen der Ministerien genauer beschäftigt.

    Unten findet ihr die Antworten der jeweiligen Ministerien im Wortlaut verlinkt:

  • Was kann verschrieben werden?

    Neben den Fertigarzneimitteln Sativex und Nabilon stehen die Rezeptursubstanz Dronabinol sowie Cannabisblüten zur Verfügung.

    Sativex ist ein in Alkohol gelöster Pflanzenextrakt, der als Mundspray ausgeliefert wird. Es sind also alle Cannabinoide der Hanfblüten enthalten, wobei die THC- und CBD-Werte standardisiert sind.

    Nabilon und Dronabinol enthalten ausschließlich THC.

    Cannabisblüten sind in diversen Sorten verschreibbar mit sehr unterschiedlichen Wirkstoffprofilen.

  • Welche Ärzte können medizinisches Cannabis verschreiben?

    Ärztinnen und Ärzte aller Fachrichtungen, mit Ausnahme von Tier- und Zahnärzten, können Cannabisblüten und Extrakte im Rahmen eines BtM-Rezepts verordnen.

  • Für welche Diagnosen bekommen Patienten in Deutschland legal Cannabis?

    Das Gesetz nennt folgende Bedingungen für eine Therapie mit Cannabis:

    “Versicherte mit einer schwerwiegenden Erkrankung haben Anspruch auf Versorgung mit Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten in standardisierter Qualität und auf Versorgung mit Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon, wenn

    1.eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung

    a)nicht zur Verfügung steht oder

    b)im Einzelfall nach der begründeten Einschätzung der behandelnden Vertragsärztin oder des behandelnden Vertragsarztes unter Abwägung der zu erwartenden Nebenwirkungen und unter Berücksichtigung des Krankheitszustandes der oder des Versicherten nicht zur Anwendung kommen kann,

    2.eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome besteht.” §31 SBG V

    Eine strikte Beschränkung auf bestimmte näher definierte Diagnosen besteht nicht.

    Die fünf häufigsten Diagnosen, wegen denen deutsche Patienten eine Ausnahmegenehmigung zum Kauf und Besitz von medizinischem Cannabis erhalten, sind chronische Schmerzen, Multiple Sklerose, ADHS, Tourette-Syndrom und depressive Störungen.

    Hier eine Liste mit allen 62 Diagnosen bei denen vor der Gesetzesänderung im März 2017 eine Ausnahmegenehmigung erteilt wurde. In unserem Patientenratgeber bieten wir Betroffenen Hilfestellung rund um Fragen von Cannabis als Medizin.

  • Wie lange kann man Haschisch und Marihuana lagern? Welchen Lagerungsfaktoren beeinflussen den THC-Abbau?

    Bei richtiger Lagerung sind Cannabisprodukte viele Jahre haltbar, ohne dass der THC-Gehalt wesentlich sinkt. Die größere Oberfläche führt bei Marihuana im Vergleich zu Haschisch zu einem schnelleren THC-Abbau und einer höheren Empfindlichkeit gegenüber äußeren Einflüssen. So kann Haschisch auch nach Jahrzehnten noch einen Teil seiner Wirkung behalten, während Marihuana nach einigen Jahren, insbesondere bei schlechter Lagerung, erheblich an Geruch und Potenz verliert.

    Luft und UV-Licht fördern den Zerfall von THC zu wenig bzw. nicht psychoaktiven Stoffen. Temperaturen bis zu 20° Celsius haben nur einen geringen Einfluss auf die Haltbarkeit. Höhere Temperaturen beschleunigen den Abbau des enthaltenen THCs. Bei zu hoher Feuchtigkeit kann Schimmel entstehen. Um einen Abbau von THC und Geruchsstoffen sowie die Bildung von Schimmelsporen zu vermeiden, sollte Cannabis also trocken, kühl und dunkel gelagert werden.

  • Ist kiffen gesund?

    Versteht man unter Kiffen das Rauchen von Cannabis, so ist das sicherlich nicht gesund. Insbesondere beim Rauchen von Cannabismischungen mit Tabak werden die Atemwege einer massiven Belastung ausgesetzt.

    In bestimmten Einzelfällen kann Cannabis aber positive medizinische Effekte haben, die eine Anwendung sinnvoll erscheinen lassen. In solchen Fällen empfiehlt sich die Einnahme von Cannabis als Nahrungsmittel oder mittels eines Verdampfers (Vaporizer).

Medizinalhanf in der Öffentlichkeit

"Medizinkreuz" aus Cannabisblüten auf weißem Grund.

Patienten dürfen ihre Medizin prinzipiell in der Öffentlichkeit zu sich nehmen. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) äußert auf eine schriftliche Anfrage, dass die Medikamenteneinnahme grundsätzlich entsprechend der Vorgabe des verschreibenden Arztes zu erfolgen habe. Allerdings herrschen trotz der Stellungsnahmen von Bundesministerien oder dem BfArM noch immer Unklarheiten bei Patienten, Ärzten oder Beamten, wenn es um die Einnahme von medizinischem Cannabis in der Öffentlichkeit geht.

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Medizin-Spot: Extended Cut

In diesem Spot warben wir 2014 für ein Recht auf Cannabis als Medizin. Dieses Ziel wurde 2017 durch die das Gesetz zur Einführung von Cannabis als Medizin zumindest grundsätzlich erreicht, auch wenn es zunächst noch viele Probleme bei der Versorgung von Patienten mit Medizinalcannabis gab und bis heute Menschen keinen Arzt finden, der ihnen Cannabis verschreibt. Die Originalversion des Spots wurde in Kinos deutschlandweit beworben. Diese längeren Versionen ist exklusiv auf YouTube zur Verfügung gestellt, wo wir nicht an zeitliche Einschränkungen wie im Kino gebunden sind.

Rückblick: Cannabis als Medizin Gesetz 2016

Foto des Plenarsaals im Bundestag.

Unsere Übersichtsseite zum Cannabis als Medizin Gesetz, welches die Verkehrs- und Verschreibungsfähigkeit von Cannabisblüten herstellen soll mit einer Bewertung des Gesetzentwurfes, Unterschiede zwischen Referententwurf und Gesetzentwurf, Historie, Reaktionen sowie weiterführenden Links.

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